Auf ihren Geburtstag wünschen sie sich Hautpflegeprodukte von Drunk Elephant. Sie sind zehnjährig und verwenden Anti-Aging-Produkte. Ein TikTok-Trend, der Risiken birgt.
Auf TikTok kursieren Videos von jungen Mädchen, die für ihre Community mehrstufige Hautpflegeroutinen vorführen. Sie halten die Hautpflegeprodukte in die Kamera und erklären selbstbewusst, wie sie diese anwenden. Die TikTok-Community spricht von «Sephora Kids». Mädchen der Generation Alpha, mit den Jahrgängen 2010 bis 2025, die sich bei ihrer morgendlichen oder abendlichen «Skincare Routine» filmen. Die Bezeichnung Sephora stammt von der gleichnamigen französischen Kosmetikkette, bei der die jungen «Skinfluencer:innen» ihre Produkte kaufen.
Beliebt, aber bedenklich: Drunk Elephant
Eine der beliebtesten Marken der Sephora Kids ist «Drunk Elephant». Sie fällt durch ihr buntes Verpackungsdesign und das Elefantenlogo auf, womit sie ihr kindliches Publikum anspricht. Die Produkte von Drunk Elephant sind auch deshalb so beliebt, weil sie sich zu «Skincare-Smoothies» mischen lassen. Die verschiedenen Cremes können vielseitig kombiniert werden. Im Smoothie-Glossar schlägt die Marke kreative Mischungen ihrer Cremes vor, wie den «Sun Kind of Wonderful Smoothie» oder den «Gold Comfort Smoothie». Erstaunlich ist die grosse Anzahl an Produkten, die sich auf den Schminktischen der Mädchen türmt: Oft sind dies über 20 Pflegeartikel. Kostenpunkt: Ein Moisturizer bekommt man, frau oder kind für rund 70 Dollar.
Das Sortiment der Drunk Elephant Produkte umfasst auch Anti-Aging-Produkte, die Retinol enthalten. Retinol regt die Zellerneuerung an und fördert die natürliche Kollagenproduktion des Körpers. Ein Inhaltsstoff, der für Kinderhaut absolut ungeeignet ist. Hautärzt:innen warnen, dass er die empfindliche Haut von Kindern reizen oder sogar schädigen könne. Und trotzdem finden sich auf TikTok unzählige Videos, in denen junge Mädchen ebendiese Produkte verwenden.
Wo sind die Eltern der Sephora Kids und was können sie tun?
Die Eltern der Sephora Kids sind direkt in die Social-Media-Karrieren ihrer Kinder involviert. Sie verwalten die Accounts, die zum Teil bis zu 100’000 Follower aufweisen. Damit ermöglichen sie diese Inhalte erst, in dem sie ihren Kindern die Produkte kaufen und die Videos produzieren.
Auf der anderen Seite des Bildschirms sitzen junge Zuschauer:innen, die den gleichaltrigen Skinfluencer:innen auf TikTok nacheifern und diese Hautpflegeprodukte kaufen. Die Nationale Plattform für Jugend und Medien der Schweiz empfiehlt Eltern, ihre Kinder aktiv bei der Mediennutzung zu begleiten. Dabei sollen sie gemeinsam einen verantwortungsvollen und kompetenten Umgang mit digitalen Medien erlernen. Wichtig ist, dass die Eltern diesen auch vorleben. Eltern können ihren Kindern helfen, das Marketing hinter Produkten zu verstehen, indem sie erklären, warum sie bestimmte Produkte kaufen oder ablehnen. Dieses gemeinsame Nachdenken fördert ein gesundes Verhältnis zu Konsum und Werbung.
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Warum interessieren sich Kinder für Hautpflegeprodukte?
Prominente Persönlichkeiten, die für Hautpflegeprodukte und Make-up werben, spielen eine zentrale Rolle. Selena Gomez bewirbt auf TikTok ihre Marke «Rare Beauty», die auch bei Sephora erhältlich ist. Die Produkte, die Sabrina Carpenter für ihr Make-up verwendet, stehen ebenfalls hoch im Kurs. Die Empfehlungen ihrer Stars haben gemäss einer Studie der Influencer-Plattform «Mavely» grossen Einfluss auf Beauty-Trends und Kaufentscheidungen der jungen Fans.
Während frühere Generationen ebenfalls Vorbilder hatten, ist der Kontakt zu diesen heute durch die sozialen Medien viel unmittelbarer und persönlicher: Die Prominenten zeigen sich beim «Get ready with me» und ermöglichen Einblicke in ihren Alltag. Kinder können ihnen auf TikTok folgen und ihre Produkte nachkaufen, um so dem zeitlosen Wunsch nachzukommen, wie ihre Idole zu sein.
«Stop blaming 10-year-olds and start blaming skincare brands»
Die YouTuberin Salem Tovar bringt die Verantwortung der Kosmetikindustrie klar auf den Punkt: «Hört auf, 10-Jährige zu beschuldigen, und fangt an, die Hautpflegemarken in die Pflicht zu nehmen.» Auch Céline Couteau, Dozentin für Kosmetologie an der Universität von Nantes, die der SRF für die Sendung «Kassensturz» interviewte, sieht die Hauptverantwortung bei den Unternehmen. Die Brands würden versuchen, ihren Kundenkreis zu vergrössern. Zehnjährige Mädchen bilden einen neuen Absatzmarkt. Dafür bezahlen die Unternehmen die kleinen Social-Media-Stars, die ihre Produkte bewerben.
Der Trend zeigt deutlich: Schönheitsideale, wie glatte Haut, sind in unserer Gesellschaft – vor allem für Mädchen und junge Frauen – omnipräsent, und dies ab einem immer jüngeren Alter. Marken wie Drunk Elephant profitieren enorm davon, dass Kinder heutzutage schon früh in den sozialen Medien unterwegs sind.