In der Nacht vom nächsten Sonntag finden die Oscars 2025 statt. Hier alle Infos, die ihr braucht, um voll mitzureden.
Am Sonntag, 2. März, finden die 97. Academy Awards, oder auch Oscars, in Los Angeles statt. Wer die Awards Season bis jetzt noch nicht mitverfolgt hat, aber trotzdem mitreden will, kann hier alles finden, das man braucht, um als Filmkenner:in durchzugehen.
Wie bekommt man eigentlich einen Oscar?
Um das Oscarrennen dieses Jahr zu verstehen, muss zuerst klar sein, wie die Oscars überhaupt funktionieren. Die Oscars werden von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences verliehen. Die Academy besteht aus Mitgliedern der Filmbranche. Darunter sind nicht nur Schauspieler:innen, Regisseur:innen und Drehbuchautor:innen, sondern auch Kostümdesigner:innen, Castingexpert:innen und viele mehr. Im Ganzen zählt die Academy 10’500 Mitglieder aus 18 verschiedenen Branchen. Bei einer Vorentscheidung nominieren die einzelnen Branchen für die Oscars ihrer Branchen. Das heisst Schauspieler:innen nominieren Schauspieler:innen, Kamerafrauen/männer nominieren Kamerafrauen/männer und so weiter. Allein für die Kategorie Best Picture kann jedes Academy Mitglied Filme nominieren. Wenn die Nominationen bekannt sind, sollten die Mitglieder der Academy sich über die Filme informieren und während dem finalen Voting für ihre Favoriten abstimmen. Dieses Jahr fand das Voting zwischen 11. Februar und 18. Februar statt.
Bis auf Best Picture werden alle Oscars an die Person oder Film vergeben, die am meisten Stimmen bekommen hat. Best Picture wird über eine Präferenzliste gewählt. Das heisst damit ein Film den Best Picture Oscar bekommt, muss er über 50% der Stimmen bekommen haben, also als Nummer eins auf den Präferenzlisten stehen. Falls kein Film diese 50% erreicht, wird der Film mit den wenigsten Stimmen eliminiert. Alle Präferenzlisten, die diesen Film als Nummer eins hatten, werden dann der Nummer zwei auf dieser Liste zugeschrieben. So geht es weiter, bis ein Film als Gewinner klar steht. Doch welcher Film könnte dieses Jahr als Best Picture gekrönt werden?

Best Picture
Zum Start gleich den grössten und wichtigsten Preis des Abends: Best Picture. Der Preis für den besten Film wird dieses Jahr an einen der 10 Nominierten Filme Anora, The Brutalist, Conclave, A Complete Unknown, Dune: Part Two, Emilia Pérez, I’m Still Here, Nickel Boys, The Substance oder Wicked gehen. Die Auswahl dieses Jahr ist sehr kompetitiv. Von Blockbustern wie Dune und Wicked über die untypische Nomination eines Horror-Thrillers wie The Substance bis hin zu Indie-Filmen wie Nickel Boys, die hoffentlich durch die Nomination an Bekanntheit gewinnen, ist alles dabei. Doch wirkliche Chancen auf den Preis haben von den nominierten Filmen nur drei. Das epische Drama The Brutalist von Brady Corbet, der politische Thriller Conclave von Edward Berger und die romantische Drama-Komödie Anora von Sean Baker. Am Anfang der Saison war The Brutalist der klare Favorit, doch Kontroversen über den Gebrauch von KI-Programmen, um die ungarischen Akzente der Figuren im Film zu verbessern, haben dem Film wohl den Wind aus den Segeln genommen.
Wo The Brutalist an Momentum verloren hat, haben Anora und Conclave stetig dazugewonnen. Anora-Regisseur und Drehbuchautor Sean Baker konnte wichtige Preise beim Directors und Producers Guild, die Gewerkschaften von Regisseuren und Produzenten in Hollywood, gewinnen. Ausserdem hat sein Film am Cannes Film Festival, dem wohl bekanntesten im Filmgeschäft, die Palme d’Or, den bedeutesten Preis, gewonnen. Die Sterne stehen für den Film über die Cinderella-Story der jungen Stripperin Ani dementsprechend gut. Doch der politische Thriller Conclave über das Konklave, die Neuwahl des Papsts, vom Schweizer Regisseur Edward Berger darf nicht vergessen werden. Bei den Baftas (British Academy of Film and Television Awards) hat Conclave den Preis für den Besten Film gewonnen. Bei den SAG Awards, die Preisverleihung vom Acting Guild, hat Conclave ausserdem den Preis für das beste Ensemble erhalten. Ein guter Indikator dass der Film mit dem Oscar aus dem Dolby Theatre in Los Angeles gehen könnte. Das Rennen für Best Picture bleibt spannend und erfrischend unvorhersehbar.
Acting
Wer eine Wette abschliessen will, hat am meisten Gewinnchancen bei den Kategorien für die Besten Nebendarsteller. Zoe Saldaña hat jeden Preis der Awards Season für die Beste Nebendarstellerin für ihre Rolle im Netflix Film Emilia Pérez gewonnen. Ariana Grande, die sehr viel Lob für ihre Rolle in Wicked geerntet hat, oder Isabella Rosselini, die in Conclave mit wenig Szenen einen grossen Eindruck hinterlassen hat, haben wohl keine Chancen mehr Saldaña den Oscar wegzuschnappen. Das Verlieren für Saldaña ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr denkbar.
Auch klar ist, dass Kieran Culkin durch den Film A Real Pain zum Oscargewinner wird. Die Kategorie für den Besten Nebendarsteller ist dieses Jahr wohl die stärkste. Alle der fünf Männer hätten durch ihre Darbietungen den Oscar verdient. Doch Culkin dominierte schon jede andere Preisverleihung der Saison und bei den Academy Awards wird es nicht anders sein. Wer auf Culkin wettet, kann nicht verlieren.


Die Preise für die Beste Schauspielerin und den Besten Schauspieler sind im Gegensatz um einiges spannender. Der Preis für den Besten Schauspieler schien schon für Adrien Brody in The Brutalist entschieden, doch bei den SAG Awards letzten Sonntag wurde das Rennen plötzlich wieder aufregend. Überraschend hat Timothée Chalamet für seine Rolle als Bob Dylan in A Complete Unknown gewonnen. Ein Gewinn, der auch Chalamet überrascht hat, wenn seiner Reaktion zu glauben ist. Das Voting für die Oscars ging zwar schon vor dieser Preisverleihung zu, doch das Voting begann, als der KI-Skandal rund um The Brutalist Schlagzeilen machte. Der Gewinn von Chalamet bei den SAG Awards zeigt, dass er wohl grosse Unterstützung von seinen Schauspielkolleg:innen hat. Es ist nicht auszuschliessen, dass ihm dies den Sieg am Sonntag beschert. Was das Rennen zwischen diesen beiden noch spannender macht, ist, dass Adrien Brody momentan den Rekord für den jüngsten Oscar-Gewinner in der Kategorie Bester Schauspieler hält. Wenn Chalamet am Sonntag gewinnt, hat er Brody auch in diesem Aspekt «besiegt». Er wäre beim Gewinn dieses Jahr 9 Monate jünger, als es Brody bei seinem Gewinn für The Pianist war.


Auch in der Kategorie für die Beste Schauspielerin bleibt das Rennen bis zum Ende spannend. Von den fünf Nominierten, Cynthia Erivo für Wicked, Fernanda Torres für I’m Still Here, Karla Sofia Curzon für Emilia Pérez, Demi Moore für The Substance und Mikey Madison für Anora, haben Moore und Madison die besten Chancen . Moore hat während der ganzen Award Season ein gutes Narrativ rund um ihre Nominationen und Gewinne gebaut. Nach über 40 Jahren im Filmgeschäft hat sie es endlich geschafft, Anerkennung für ihre Arbeit zu bekommen. Ähnliche Narrative haben in den letzten Jahren Schauspielerinnen wie Michelle Yeoh oder Jaime Lee Curtis geholfen, ihre Oscarsiege zu erlangen. Die Preise, die Moore bis jetzt gewonnen hat, darunter ein Golden Globe, ein Critics Choice Award und auch der SAG Award, zeigen, dass ihr zum Oscar wenig im Weg steht. Doch eine kann ihr auf dem Weg zum kleinen Goldmann noch dazwischenkommen. Mikey Madison hat für ihrer Rolle als Ani in Anora schon seit Erscheinen des Films viel Lob gesammelt. Die Nomination für den Oscar war daher kein Schock. Und wie Moore hat auch Madison Preise erhalten, darunter einen Bafta sowie viele Breakthrough-Performance-Preise bei kleineren Preisverleihungen. Dies und das Momentum, das Anora als Film geniesst, könnte Mikey Madison verhelfen, am Oscar-Abend als Gewinnerin aus der Preisverleihung zu gehen. Das Rennen zwischen Moore und Madison bleibt bis zum letzten Moment spannend und egal welche als Gewinnerin den Abend verlässt, verdient haben es beide.
Und sonst?
Neben den für die meisten Leute interessantesten Kategorien für Schauspiel und Best Picture gibt es aber noch viele andere Preise. In der Kategorie für die Beste Regie wird wohl Indie-Filmemacher Sean Baker für seinen Film Anora als Gewinner gekrönt. Bemerkenswert ist in dieser Kategorie aber, dass The Substance-Regisseurin Coralie Fargeat eine Nomination erhalten hat. Leider ist sie auch dieses Jahr wieder die einzige Frau in dieser Kategorie, doch als Regisseurin eines Horrorfilms ist die Nomination schon ein riesiger Gewinn. Genrekino wie Horror oder Sci-Fi werden von der Academy leider viel zu oft ignoriert.
Bestes adaptiertes Drehbuch wird höchstwahrscheinlich an Conclave gehen. Ein anderer Film in dieser Kategorie, der mehr Aufmerksamkeit verdient hätte, ist Sing Sing. Dieser basiert auf der wahren Geschichte eines Theaterprogramms in einem amerikanischen Gefängnis. Viele der Schauspieler im Film spielten dabei sich selbst und halfen beim Schreiben des Drehbuchs mit. Das Beste originelle Drehbuch könnte einen weiteren Gewinn für Anora und Sean Baker bedeuten. Doch Jesse Eisenberg hat mit seinem Drehbuch für A Real Pain ebenfalls Chancen, die Kategorie für sich zu entscheiden.
Der Kampf um die Kategorie Bester Animationsfilm bleibt auch sehr spannend. Animationsgigant Disney hat mit seinem Film Inside Out 2 wohl kaum Aussicht auf einen Oscar, da die Kategorie dieses Jahr sehr stark ist. Filme wie der Stop-Motion-Film Wallace & Gromit: Vengeance Most Fowl, The Wild Robot oder Flow haben bessere Chancen. Welcher davon Sieger wird, ist schwierig zu prophezeien. Vor allem auch da die Academy Animationsfilme oftmals weniger Respekt gibt, als sie verdient haben.
In den technischen Kategorien wie Cinematography, Visual Effect oder Sound Design wird wohl das Sci-Fi-Epos Dune: Part Two seine sich redlich verdienten Preise holen. Und wer sehen will, wer den Oscar für Makeup & Hairstyling verdient hat (und einen starken Magen hat) sollte «Monstro Elisasue» von The Substance googlen.
Die Oscars 2025 bleiben unvorhersehbar. Ein Traum für viele, die in der Nacht vom Sonntag aufstehen, um die Oscars live mitzuverfolgen. Am Sonntag könnte es eine Preisverleihung mit vielen Twists geben – und ich zumindest kann es kaum erwarten!