Vom Erfolgsroman zum Bühnenhit – wie sich der Schriftsteller Pedro Lenz mit seinem Roman «Der Goalie bin ig» in die Schweizer Kultur eingeschrieben hat.
Der Ich-Erzähler berichtet in Mundart episodenhaft aus seinem Leben in den 1980er-Jahren. Nach einem einjährigen Gefängnisaufenthalt kehrt der Goalie in die fiktive Stadt Schummertal zurück, um einen Neuanfang zu wagen. Doch dieser will ihm nicht recht gelingen. Gefangen in seiner eigenen Welt und geplagt von einem geringen Selbstwertgefühl, sieht er sich selbst als Aussenseiter. Seine Freund:innen scheinen plötzlich nicht mehr seine Freund:innen zu sein. Ob es ihm gelingt, aus seiner Isolation auszubrechen – das Theaterstück zum Roman liefert Antworten.
Mit dem «Goalie» an die Spitze – Pedro Lenz’ Erfolgsweg
Pedro Lenz, 1965 in Langenthal geboren, ist ein vielseitiger Künstler. Jährlich tritt er in rund 200 Lesungen und Bühnenprojekten wie «Hohe Stirnen» und «Bern ist überall» in der ganzen Schweiz auf. Er schreibt nicht nur Kolumnen für Zeitungen und Zeitschriften, sondern arbeitet auch als Dichter sowie Schriftsteller. Lenz verwendet in seinen Texten überwiegend «Bärndütsch». Seine Texte sind präzise und direkt. Sie tragen die Unmittelbarkeit gesprochener Sprache in sich. Sie beschreiben nicht, sie spielen – und eignen sich daher perfekt für Theater- und Filmadaptionen. Sein wohl bekanntestes Werk ist «Der Goalie bin ig». Der Bestseller erschien bisher in fünf Übersetzungen und diente als Grundlage für den gleichnamigen Film. Dieser feierte seine Premiere an den Solothurner Filmtagen 2014 und wurde noch im selben Jahr mit dem Schweizer Filmpreis in mehreren Kategorien ausgezeichnet. Kein Wunder, dass der «Goalie» inzwischen Kultstatus erreicht hat!

Wie im Film – oder eben auch nicht
Der Protagonist erzählt sowohl im Roman als auch im Film und im Theater eine Geschichte von der Sehnsucht nach einem Neuanfang. Er erzählt von der Hoffnung auf Vergebung und von der schwierigen Herausforderung, sich von alten Mustern zu befreien.
Der Goalie lässt die Zuschauer:innen durch einen inneren Monolog an seiner Lebenswelt teilhaben. Die Verwendung von Mundart verstärkt die Authentizität des Gesprochenen und schafft eine besondere Verbindung zum Publikum. Ganz ohne Konvention der Vierten Wand sucht der Ich-Erzähler im Theaterstück von Anfang an die Aufmerksamkeit der Zuschauer:innen. Dadurch verwandelt sich der Monolog in eine lebendige, sich fortlaufend entwickelnde Erzählung. Gleichzeitig erleben die Zuschauer:innen die Geschichte des Goalie auf eine unkonventionelle Weise, die ihnen im Roman und Film vorenthalten bleibt.
Wärme, Kälte und ganz viel Schnee
Eine der grössten Errungenschaften des Theaterstücks ist zweifellos die Bühnenbildgestaltung: Schneefiguren, die aus dem Abrieb der Eisbahn des SCB gefertigt wurden. Diese verkörpern die Freund:innen des Goalie. Nur der Ich-Erzähler spricht. Er allein steht auf der Bühne und übernimmt dabei auch die Stimmen seiner Freund:innen.
Die Szenerie ist einfach und schlicht. Nichtsdestotrotz sagt das Bühnenbild viel, wenn nicht gleich alles aus: Der Goalie sucht Wärme inmitten des Schnees und der Kälte – an einem Ort, wo diese für ihn nicht zu finden ist. Die Schneefiguren, schwer und nass, spiegeln die Herausforderungen wider, mit denen der Goalie zu kämpfen hat. Im Theaterstück schiebt dieser die Figuren hin und her, in der Hoffnung, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden – ohne für ihn sichtbaren Erfolg. Seine Freund:innen weichen ihm aus und ignorieren ihn. Der Ich-Erzähler fühlt sich zunehmend isoliert und ihm Stich gelassen. Am Ende des Stücks bleibt nur eine von ihm geschaffene Figur zurück. Bevor er den Raum verlässt, übergibt er die Figur symbolisch dem Publikum. Die Frage, ob der Goalie den für sich ersehnten Ausweg findet, bleibt unbeantwortet.
Text Emanuelle Cohen
Foto Annette Boutellier
Ein Einblick in die Gedankenwelt des «Goalie»
Bühnen Bern lädt an ausgewählten Daten noch bis im März 2025 ein, in die Lebenswelt des Goalie einzutauchen. In der einzigartigen Inszenierung werden die Zuschauer:innen nicht nur Zeug:innen der emotionalen Kämpfe des Protagonisten, sondern auch dazu angeregt, über die eigene Beziehung zu Isolation sowie zum menschlichen Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit nachzudenken.
https://buehnenbern.ch/spielplan/programm/der-goalie-bin-ig/