Bist du, wie viele deiner Kommilitonen, aus einem kleinen Dorf in die Stadt Freiburg gezogen? Nicht so Damian Correa, der aus dem grossen Berlin stammt und nun hier an der Uni studiert.

Wie lebt es sich so als Berliner unter Schweizern? Spectrum hat sich mit ihm über Schweizerdeutsch, teure Bustickets und andere Kulturschocks unterhalten.

Text: Valentina Berchtold

Ein Berliner in Freiburg. Wie kommt’s?

Ganz einfach: Meine Freundin wohnt im Kanton Luzern, und ich wollte in ihrer Nähe sein. Es war eine Katastrophe, immer zwischen Berlin und der Zentralschweiz hin- und herzufahren.

Du studierst im ersten Semester. Was hat dich dazu bewogen, gerade in Freiburg zu studieren?

Man darf ja in Beziehungen nicht sagen, dass man nur für die Person an einen bestimmten Ort zieht. Ich wollte Psychologie studieren, was in Deutschland nur mit sehr guten Noten möglich ist. Und meine waren gut, aber nicht sehr gut. Also habe ich mich für Freiburg entschieden, hier geht das nämlich auch mit einem durchschnittlichen Abitur. Die Verlierer aus Deutschland! (lacht) Nach einer Woche habe ich Psychologie ins Nebenfach geschoben und studiere nun Soziologie im Hauptfach.

Was ist anders in der Soziologie?

Vor allem sind da mehr Schweizer. Nichts gegen Schweizer, aber ich verstehe die Sprache einfach nicht!

Ist Schweizerdeutsch ein Problem für dich?

Ja, das geht gar nicht. Die Schweizer reden sehr schnell. Die Walliser verstehe ich überhaupt nicht. Ausserdem scheint es für alle Schweizer unheimlich unangenehm und schwierig zu sein, Hochdeutsch zu reden. Ich will jeden so sein lassen, wie er möchte, aber muss dann doch wieder sagen: Ich versteh’s einfach nicht!

Unternimmst du aktiv irgendetwas dafür, dass du die Sprache besser verstehst?

Nein, ich will mir auf jeden Fall mein Hochdeutsch erhalten, und deswegen würde ich auch nie in einen Schweizerdeutschkurs gehen. Ich versuche schon, mich zu integrieren, aber ich mag Schweizerdeutsch nicht. Im Studiengang Psychologie gibt es auch echt solche Blöcke, die Deutschen chillen miteinander und die Schweizer chillen miteinander.

Die Sprachbarriere ist also auch eine kulturelle Barriere?

Ja, absolut. Ich habe immer gehört, dass in Soziologie die coolsten Studierenden sind. Und da sind bestimmt auch richtig viele coole Leute, aber ich verstehe die einfach nicht! Ich versuche, mit denen zu reden, aber wenn da gleichzeitig sechzig Leute stehen, mit denen sie Schweizerdeutsch reden können, dann wollen sie sich halt nicht mit einem unterhalten, mit dem die Verständigung schwieriger ist.

Wie geht es denn mit dem Französisch?

Ich kann ganz schlecht Französisch, aber ich rede es ganz viel, man muss es halt versuchen. Ich war ein Jahr in Ghana, da war ich Französischlehrer. Aber ich glaube, die Kinder waren danach schlechter als davor (lacht). Ich bin halb Chilene und versuche deshalb immer, alles vom Spanisch abzuleiten und Brücken zu bauen, aber es gibt viele falsche Freunde.

Wie hast du die WG-Suche in Freiburg erlebt?

Das war krass und superschwer. Ich habe um die dreissig WGs angeschrieben. WG-Interviews finde ich furchtbar unangenehm. Du musst dich selbst inszenieren. Aber ich habe bei meiner jetzigen WG gemerkt, dass es einfach passt, das war superschön.

Hast du schon viel von der Stadt gesehen?

Die Neustadt ist das Hässlichste, was ich jemals in der Schweiz gesehen habe! (lacht) Ich dachte, Freiburg sei bestimmt ein ganz malerischer Ort, und dann stieg ich aus dem Zug – überall diese grauen, hässlichen Platten. Aber die Altstadt ist wirklich schön.

Wie kommen dir die Preise so vor?

Schrecklich. Ich gehe immer zu Aldi. Meine Mitbewohnerin meinte mal: „Wenn du links bist, dann kannst du nur zu Coop oder Migros!“ Aber wenn du links bist, bist du oft auch einfach arm. Ich fahre auch immer Fahrrad, ein Einzelticket für den Bus kostet umgerechnet zwei Euro – in Berlin auch, aber Berlin hat das grösste Nahverkehrsnetz der Welt! Zwei Euro sind ein Mittagessen.

Hast du Heimweh?

Eigentlich nicht. Aber ich merke manchmal schon, wie ich plötzlich Glücksgefühle kriege, wenn ich Hochdeutsch rede, und jemand mich versteht und auch Hochdeutsch mit mir redet. Oder wenn ich in Bern bin, und da ein deutscher ICE steht. Und dann fährt er auch noch nach Berlin, das ist manchmal echt gemein.

Foto: Valentina Berchtold