Wer durch die Räumlichkeiten der Miséricorde geht, muss sich an mancher Ecke eingestehen, dass die Gebäude trotz kargem Charme renovierungsbedürftig sind. Zukünftige Jus-Studierende dürften indes schon bald nicht mehr durch die Gänge des bisherigen Standorts zur Vorlesung eilen: Die Uni peilt eine spektakuläre Erweiterung an.

Während sich die Universität auf dem Pérolles-Plateau in den letzten Jahren in reger Bautätigkeit übte und im letzten Jahrzehnt etwa den ganzen Pérolles 2-Gebäudekomplex errichtete, erinnert der Campus Miséricorde baulich noch immer stark an die 1940er-Jahre, als er eröffnet wurde. Der Standort, vom Le Corbusier-Schüler Denis Honegger geplant und vollendet, genügt den heutigen Anforderungen nur noch bedingt. So musste sich die Universität Freiburg im Laufe der Zeit zusätzliche Räumlichkeiten hinzumieten – Rektorin Astrid Epiney erklärt: „Die Rechtswissenschaftliche Fakultät ist zurzeit auf die Standorte Miséricorde, Beauregard und Route de Villars 1 verteilt. Dies verursacht hohe Mietkosten im Umfang von einer Million Franken pro Jahr und trotzdem herrscht chronischer Platzmangel.“ Um den Jus-Studierenden in Zukunft zeitgemässe und grosszügige Räumlichkeiten unter einem Dach zur Verfügung stellen zu können, begann die Fakultät gegen Ende des letzten Jahrzehnts mit den Vorarbeiten zu einem Erweiterungsbau. Als geeigneter Standort wurde die Liegenschaft an den Gleisen südlich des Thierry-Turms auserkoren, deren Grundeigentümer der Kanton Freiburg ist.

Neubau soll Stadtbild prägen

Gemeinsam mit dem Kanton und den anderen Grundeigentümern Post, SBB und Stadt Freiburg wurde in der Folge ein Plan entworfen, wie das betreffende Gebiet optimal gestaltet werden sollte. Zwischen Miséricorde und Innenstadt wurde eine Überdachung der Gleise angedacht, zudem soll eine attraktive Velo- und Fussgängerverbindung vom Gebiet Sankt Leonhard über das Universitätsgelände bis zum Bahnhof entstehen. Als Sieger eines ausgeschriebenen Architekturwettbewerbs wurde 2014 das Zürcher Büro Ruprecht Architekten auserkoren, deren Projekt sich als Fortsetzung der bestehenden Bauten versteht. Im Erdgeschoss ist eine durchgängig offene Begegnungszone geplant, wo auch der Zugang zu den Auditorien sein wird. Die oberen Geschosse stehen für Übungssäle und Büroräumlichkeiten zur Verfügung. Die Fassade des Erweiterungsbaus erinnert dank seiner ovalen Form an den mittelalterlichen Thierry-Turm, der gemäss Planung künftig von Universitätsgebäuden umgeben sein wird.

Entwurf des neuen Gebäudes der Rechtsfakultät der Universität Freiburg.

 

Le Tremplin muss weichen

So geschickt das neue Prunkstück der Jus-Fakultät auch angepriesen wird, es gibt auch in diesem Fall eine Kehrseite der Medaille: Am Standort der Überbauung war bisher die soziale Einrichtung Le Tremplin beheimatet. Die Stiftung, welche Ateliers und günstige Mahlzeiten für Randständige anbietet, muss sich nun einen neuen Standort für ihre Zentrale suchen. Da für die Tätigkeit mit einer gesellschaftlich ausgegrenzten Bevölkerungsgruppe ein Standort im Zentrum der Stadt unabdingbar ist und das Le Tremplin auch in der Nähe des Bahnhofs verbleiben möchte, gestaltet sich diese Suche als schwierig. Gemäss Rektorin Epiney war jedoch allen Beteiligten von Anfang an klar, dass für die Stiftung ein anderer geeigneter Standort gesucht werden muss. Dass zugunsten der Ausbildungsstätte von künftigen Anwälten, Richtern und Entscheidungsträgern eine wichtige Institution für eine marginalisierte Gruppe verdrängt wird, gehört sicher nicht zu den glänzendsten Aspekten dieses Projektes.

Volksmehr ist nötig

Bevor aber auf dem Areal die Baumaschinen in Gang gesetzt werden, bedarf das neue Universitätsgebäude zunächst noch der Zustimmung des freiburgischen Grossen Rates und aufgrund der hohen Investitionssumme auch des kantonalen Stimmvolks. Astrid Epiney ist zuversichtlich:

„Die Umsetzung dieses Projekts wird ein grosser Gewinn für die Professorenschaft und alle Mitarbeitenden der Rechtswissenschaftlichen Fakultät und der gesamten Universität sowie für die zukünftigen Studierenden, aber auch für die Stadtentwicklung und den Kanton als nationaler Hochschulstandort sein.“

Die letzte Abstimmung über den Bau eines Universitätsgebäudes, jene zur Pérolles-Überbauung, dürfte die Universitätsleitung ebenfalls optimistisch stimmen – damals betrug die Zustimmung satte 87,3  Prozent.

Fotocredits: www.ruprecht-architekten.ch