Was für Uneingeweihte wie ans Lächerliche grenzender Geiz wirkt, ist für den einsichtigen Studenten oft nur die einzige richtige Verhaltensweise im Kampf gegen das sich oft allzu schnell erschöpfende Monatsbudget: Möbel nicht kaufen, sondern von der Strasse holen, sich das Besteck aus den Gabeln und Messern der Uni-Mensa zusammenstellen oder den Dachboden der Eltern plündern.
Den Möglichkeiten kostengünstiger Objekt- oder Essensbeschaffungen scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein. Dennoch gilt es gewisse Umstände zu beachten, wie sich im Coop beim Hamstern des gesamten Häppchen-Tellers vor Ladenpersonal zu hüten oder das Entwenden der Toiletten-Papier Vorräte der Uni-WCs heimlich geschehen zu lassen. Ersteres verstösst wohl gegen die Hausordnung, zweiteres zumindest gegen die manchmal sehr rigiden Grenzen der sozialen Akzeptanz.
Brockenhäuser als Gold- und Dreckgruben
Unter die weniger geächteten Wege, sich kostengünstig Waren zu verschaffen, fällt zum Beispiel der Besuch eines Brockenhauses. Bei Bedarf eines neuen Bettgestells, Regals, Tischs, Geschirrs oder ähnlichem bieten sich diese wunderbar an, wenngleich man aber punktuell Abstriche machen muss bei der Attraktivität des Klamottenangebots, Stichwort Inkontinenz (dass besonders hippe Menschen sich in Brockenhäusern ausstaffieren, ist ein weit verbreitetes aber grundfalsches Klischee, das wohl von den Brockenhaus-Betreibern selbst in die Welt gesetzt wurde, analog zum Valentinstag der Floristen). Als Faustregel kann gelten, dass vom Kauf aller Objekte, die man lieber neu als geerbt hätte, im Brockenhaus abzusehen ist. Das Erbe an sich ist sogar noch budgetschonender, fordert aber oft einen Tribut anderer Art. So kann sich Omas Ableben vielleicht positiv auf die eigene Haushaltsausstattung auswirken, schwerlich aber auf die Heiterkeit des eigenen Gemüts (böse Zungen behaupten, dass man mit dem Tod der Schwiegermutter das „Weggli ond de Füfliber“ zusammen hat, die wenigsten Studierenden werden sich allerdings schon in der (un)glücklichen Position wissen, eine solche zu haben).
Für Kavaliers-Parasiten
Für Leute, die lieber etwas mehr wagen, statt für den schnöden Mammon Abstriche bezüglich sozialer Akzeptanz, persönlicher Hygiene oder dem Respektieren eigener moralischer Standards zu machen, gibt es zum Beispiel noch eine weitere Option: Als Frau verkleidet kann man von der in chauvinistischen Kreisen geltenden Regel profitieren, dass bei amourös gewollten Verabredungen stets der männliche Part (in diesem Kontext meist ein aufgeblasener, angeberischer Sack) die Rechnung übernimmt. So lassen sich – Tinder sei gepriesen – pro Woche sicher zwei bis drei Einladungen zu Abendessen erhalten. Diese Taktik ist im Allgemeinen für Männer zwar schwierig anwendbar, könnte aber im Einzelfall gute Ergebnisse erzielen. Für Frauen wäre sie zwar einfacher praktizierbar, würde selbige aber zwingen, ihre eigenen emanzipatorischen Bestrebungen zu verraten – und seien wir ehrlich, das ist es nicht wert.
Sparen als Politikum
Zu viel des Obenstehenden könnte wie eine Anleitung für egoistische Schnorrer scheinen, würde man sich nicht bewusstmachen, dass die Emanzipation von Warenpreisen ein politisches Recht darstellt, unabdingbar für die politische Klasse der Zahlungsunfähigen und –unwilligen. Wie uns die Kritische Theorie, nun die des Fiat-Geldes, eröffnet, handelt es sich bei Geld um eine soziale Konstruktion. Wie ihre Theoretikerinnen und Theoretiker es uns auch schon für vielerlei von ihr als soziale Konstruktion entlarvte Dinge, neuerdings auch Tierarten und Pfannen, gezeigt hat, dienen solche zur Herstellung gesellschaftlicher Machtasymmetrien. In unserem Fall der von Käufer und Verkäufer. Ein Diktum des Preises, das als normative Weisung diskriminativ die Kaufmöglichkeiten des Ersteren einschränkt. (Avantgardistische Theoretiker meinen sogar, dass das Material sowohl des Geldes als auch der Waren selbst eine soziale Konstruktion sei, theoretische Konsequenzen für Sparwillige sind noch auszuarbeiten). Sich der Herrschaftslogik des Geldes zu entziehen ist also nicht nur kostengünstiger, sondern auch im Sinne einer Direkten Aktion das Pflasterstein-Werfen von heute.
Credit Illustration: Daniel Morgan