Vom 03.06. bis zum 05.06. verwandelte sich das Bad Bonn bei Düdingen erneut in ein Festivalgelände. Spectrum hat die Bad Bonn Kilbi besucht und Eindrücke gesammelt.

 

Für den zweiten Festivaltag bin ich als Pressemitglied akkreditiert. Bis der Moment gekommen ist, habe ich lange versucht, Interviews zu planen. Ich möchte erfahren: Was für ein Ort ist die Bad Bonn Kilbi?

 

Völlig losgelöst von unserer Welt

Samstag, halb zwei in Düdingen: Ich bin etwas früh angekommen, nehme aber als eine der ersten meinen Presseausweis für diesen Tag entgegen und bekomme ein schwarzes Festivalbändchen. Wie toll es sich anfühlt, einen Ausweis um meinen Hals zu tragen, der es mir gestattet, heute mit den Künstler*innen zu sprechen! In den letzten Minuten vor Beginn versuche ich, das Gelände zu überblicken. Mein erstes Ziel wird «Völlig losgelöst» sein, eine Theatervorführung abseits des eigentlichen Festivalgeländes. Um 14 Uhr geht es los. Beim Gelände des Theaters «Frei_Raum» der Heiteren Fahnefinde ich eine Menge Zuschauer, die die Aufführung genauso zu mögen scheinen wie ich. Eine Gruppe von Freund*innen (alle mit Namen und Sternzeichen vorgestellt) absolviert ein umfassendes Training, um in 60 Minuten in das Weltall zu fliegen. Von sportlichem Training über den ersten Schritt auf Planeten X bis hin zur Verteidigung gegen Ausserirdische arbeiten sie das Wichtigste ab. Nach der Vorstellung habe ich ein Interview mit Rahel von der Heiteren Fahne vereinbart. Ganz entspannt unterhalten wir beide uns und lernen uns ein wenig kennen. Natürlich stelle ich ihr einige Fragen zum Theaterstück, aber auch zum inklusiven Kulturhaus Heitere Fahne an sich und zu ihren organisierten Festivals. Dann geht es für mich zurück zu den zwei Hauptbühnen.

Kit Sebastian in Bad Bonn

Wo viele Menschen zusammenkommen

16 Uhr: Kit Sebastian spielt auf der B-Stage und auch zum allerersten Mal in der Schweiz. Das Duo besteht aus Merve Erdem und Kit Martin, sie singen auf Englisch, Französisch und Türkisch in melodischen Mischungen aus psychedelischen Sounds, 60’ European Pop, Jazz und mehr. Die ganze Halle ist gefüllt mit den unterschiedlichsten Menschen, die trotzdem alle aufgrund ihrer Musik hier versammelt sind. Mir kommt es vor, als wären alle im Einklang mit sich selbst. Die Festivalluft wirkt nach einiger Zeit der Abstinenz noch immer Wunder. Alle lassen die Sonne auf ihre Haut scheinen, akzeptieren sich und andere. Ich sehe auch viele coole Tattoos und Outfits. Parallel zu Kit Sebastian treten Los Pashminas aus Fribourg am Strand des Schiffenensees zum zweiten Mal heute auf.

Das Wetter ist heisser als erwartet, auf der Wiese ist ein wenig Schatten. Dort setze ich mich kurz, mache mir Notizen und blicke um mich. Links am Gebäude sehe ich ein schwarzes Banner: «Where the hell is Bad Bonn?», dieselbe Frage steht auch auf dem Band um meinem Hals. Um 16 Uhr 20 stelle ich eine Story auf Instagram, ich setze mich wieder in Bewegung. Ein kleiner Stand von Viva Con Agua Schweiz ist noch kaum frequentiert. Normalerweise bitten sie darum, benutzte Getränkebecher in ihrem Korb zu entsorgen, um an einem Glücksrad zu drehen, aber ich durfte es ausnahmsweise direkt ausprobieren. Während das Rad sich lange drehte, plauderten wir ein wenig. Letztendlich habe ich eine Umarmung gewonnen. Wir wünschen uns gegenseitig einen schönen Tag, dann schaue ich mir die weiteren Stände und Zeltchen an. Neben dem Zelt mit Merch und Vinyls kommen mir Menschen mit Glace entgegen. Ja, welche Essensstände gibt es denn? Ausser Glace reihen sich thailändische und indische Küche, Obstsalate, Crêpes und vegane Döner aneinander.

Senyawa in Bad Bonn

Ein Ort für Gäste aus weit entfernten Ländern

17 Uhr: Das indonesische Duo Senyawa weihen heute die A-Stage ein. Der einschlägige Bass, der durch alle Körperteile dröhnt, und die einzigartige Mischung aus Schreigesang, Kreischen und anderen akustischen Geräuschen locken immer mehr Interessierte an. Trotz dessen, dass die Musik der indonesischen Band jeglichem Mainstream entgegensteht und die Songs düstere Messages – besonders über den Tod – beinhalten, geniessen viele im Publikum den Vibe. Im vorhergegangenen Kontakt mit Jo, dem Manager des Duos, konnte ich ein Interview vereinbaren. Vocalist Rully und Instrumentalist Wukir sind beide sehr entspannt. Ich lerne viel über ihre Inspirationen und bin beeindruckt, wie sie über den Musikkonsum heutzutage denken. Nachher unterhalte ich mich mit Rully über das Studium und er erzählt mir von seinen Erfahrungen und von dem, was er in gewissem Masse an seiner Studienwahl bereut. Zwar hat er Englisch studiert und nicht wie ich Zweisprachigkeit und Kulturkontakt, aber die Inhalte sind sich ähnlich. Heutzutage denkt er über sein Studium als «sinnlos», denn es lohne sich eigentlich nicht, Sprachen und Literatur zu studieren, weil man auch ohne ein Studium sehr viel Wissen sammeln kann. Grundsätzlich verstehe ich seinen Standpunkt. Ob ich deswegen meine eigene Meinung ändere, bezweifle ich dennoch.

Nun habe ich meine zwei Interviews hinter mir und bin sehr glücklich darüber, wie der Tag gelaufen ist. Den Rest meines Festivaltages verbringe ich bei schönem Wetter, mache Fotos und Notizen und lausche den Klängen von LOUIS JUCKER & BAND und anderen Acts.

Senyawa in Bad Bonn

Where the Hell is Bad Bonn? Zusammenfassend ist es ein Treffpunkt in der Gemeinde Düdingen für Musikliebhaber*innen und Kulturfreudige. Die Kilbi als bekanntes Festival ist dafür das perfekte Aushängeschild: grosse Bühnen, viele Stände, die Nähe zum See, regionale wie auch internationale Künstler*innen und so viele Besucher*innen, dass die Tickets schon früh ausverkauft sind. Wer von euch also im nächsten Jahr dabei sein möchte, sollte schon beizeiten auf Ticketjagd gehen. Euch erwarten bis zu drei Tage voller Sommer, Sonne, Festivalsounds!

Text:  Helene-Shirley Ermel

Titelbild:  Patrick Principe

Konzertbilder: Patrick Principe & Maud Chablais