Bitte einen Bagel mit allem: Sesam, Mohn und eine grosse Portion Absurdität. Der US Indie-Film Everything Everywhere All at Once bietet wirklich (fast) alles. Was wie ein Familiendrama beginnt, verwandelt sich rasch in ein Science-Fiction Abenteuer. Oder doch in ein philosophisches Gedankenexperiment? Der Hauptdarstellerin Michelle Yeoh gelingt es spielerisch, das Skurrile und Fantastische mit dem Ernsten und Tragischen zu verbinden. Sie spielt Evelyn Wang, deren Waschsalon die Zwangsversteigerung droht. Während sie bei der Steuerbehörde ihre Steuerabzüge rechtfertigen muss, versucht ihr Mann Waymond, ihr von den Scheidungspapieren zu erzählen.
In diesem angespannten Moment taucht Waymonds Doppelgänger aus einer anderen Dimension auf. Er erklärt Evelyn, dass eine böse Macht namens Jobu Tupaki alle Paralleluniversen bedroht. Evelyn sei die Einzige, die es mit Jobu Tupaki aufnehmen könne. Dafür muss sie aber möglichst schnell lernen, wie sie zwischen den Universen hin und her springen kann. Da es eine unendliche Anzahl Universen gibt, gibt es auch eine unendliche Vielfalt an Evelyns. Deren Eigenschaften muss sie sich nun zunutze machen, wenn sie nicht nur das Überleben ihres Waschsalons und ihrer Familie sichern will, sondern das des gesamten Multiversums.
In Evelyns Kampf gegen Jobu Tupakis Zerstörungswut muss Evelyn ihre Entscheidungen konfrontieren. Wenn sie nicht mit Waymond in die USA ausgewandert wäre, wäre sie eine berühmte Kung-Fu Meisterin geworden, in einem anderen Leben eine Sängerin, eine Köchin oder eine Putzfrau. In diesem Prozess lernt sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Tochter und Waymond neu kennen. Ist er vielleicht gar nicht so albern, wie sie immer gedacht hat? Vor allem stellt sich die Frage: Wenn alles auch anders hätte kommen können, wieso kam es dann so?
Dieser Film überzeugt mit seinem Dialog, den Special-Effects und Kostümen. Immer wieder schwankt er zwischen ernst und komisch hin und her. Obwohl die Handlung manchmal völlig absurd wirkt (z.B. als Evelyn versehentlich in einem Universum landet, in dem Menschen Hot-Dogs statt Finger haben), bleibt sie doch in sich geschlossen. Wer die erste Viertelstunde des Films aushält, in der scheinbar nichts Sinn ergibt, wird mit ganz grossem Kino belohnt, das noch lange nach dem Abspann nachklingt.
Text: Alyna Reading
Everything Everywhere all at once
Regie: Dan Kwan & Daniel Scheinert
Darsteller: Michelle Yeoh, Ke Huy Quan, Stephanie Hsu, Jaime Lee Curties, James Hong
Jahr: 2022
Dauer: 139 min