Mit der Oscarverleihung am Sonntag ging eine weitere Awards Season zu Ende. Ein aufregender Abschluss.

Am 2. März versammelte sich Hollywood im Dolby Theater in Los Angeles, um die Filme des letzten Jahrs zu ehren. Nach einer spannenden und unvorhersehbaren Awards Season waren die Oscars ein würdiger Schlusspunkt.

«It’s the Oscars and I say let’s do this thing!»

Um Punkt 01:00 Uhr mitteleuropäischer Zeit fing die 97. Oscarverleihung an. Nach den Waldbränden, die seit Anfang Jahr viele Regionen in und um Los Angeles zerstört haben, machte ein Hommage zur Stadt den Anfang. Begleitet wurde dies durch musikalische Darbietungen von Ariana Grande und Cynthia Erivo, beide nominiert für ihre Rollen in Wicked. Schon bald kam Late Night Host und Comedian Conan O’Brien auf die Bühne, der zum ersten Mal die Moderation der Verleihung übernahm. Obwohl ihm die Nervosität anzumerken war, lieferte er einen Eröffnungsmonolog, der gleichzeitig spassend über das Filmgeschäft sprach, aber dabei nie die Errungenschaften der Filmemacher:innen verschiedenster Sparten klein machte. Als jetzt langjährige Oscarzuschauerin, war dies eine erfrischende Abwechslung zur typisch zynischen Herangehensweise der letzten Jahre. Zum Ende seines Monologes betonte O’Brien, dass dieser Abend nicht nur für die grossen A-Lister gedacht sei, sondern auch für alle die hinter den Kulissen oder an weniger bekannten Filmen mitgearbeitet haben. Es war schön zu sehen, dass Sparten wie Kostümdesign, Production Design, Dokumentarfilm oder Cinematography dabei speziell erwähnt wurden. Oftmals wird bei diesen grossen Preisverleihungen vergessen, dass nicht nur grosse Stars Lob für ihre Arbeit bekommen. Für die Menschen hinter der Kamera kann ein Gewinn, vor allem bei den Oscars, Jobsicherheit und die Möglichkeit weiterhin Filme zu machen, bedeuten.

Cynthia Erivo und Ariana Grande nach ihrer Eröffnungsperformance.

 

«I love your work, you’re f*cking great.»

Wie jedes Jahr startete der Abend mit der Kategorie Bester Nebendarsteller. Wie es zu erwarten war, endete für Kieran Culkin mit dem Oscargewinn eine erfolgreiche Awards Season. Ein wohlverdienter Gewinner, meiner Meinung nach. Obwohl diese Kategorie die stärkste Schauspielkategorie dieses Jahr war und jeder der fünf Schauspieler ein würdiger Oscargewinner gewesen wäre. Doch am Ende konnte niemandem Culkins erstem Oscargewinn in den Weg kommen. Für seine Rolle in A Real Pain, konnte er den grössten Filmpreis Hollywoods mit nach Hause nehmen. Und in typischer Culkin-Art, war seine Dankesrede voll mit Witz, Sarkasmus und Chaos. Gleich zu Beginn hob er seinen Succession Co-Star Jeremy Strong hervor. Dabei fluchte er gleich in den ersten zwei Sätzen und mir wurde klar, dieser Oscarabend wird nicht so schnell vergessen. Was Kieran Culkin schon die ganze Awards Season in seinen Dankesreden betonte und auch bei den Oscars nicht fehlte, war seine langjährige Managerin Emily Gerson Sainz. Die beiden arbeiten seit 30 Jahren zusammen und es war erfrischend bei all diesen Preisverleihungen einen Gewinner zu sehen, der einer so wichtigen Person in seinem Team kontinuierlich Dank zuspricht und seine Wertschätzung zeigt.

Kieran Culkin (A Real Pain) nach seinem Gewinn in der Kategorie Bester Nebendarsteller.

 

«Thank you to my cats and dogs»

In den letzten Jahren musste ich als Animationsfilmliebhaberin an den Oscars leiden. Die Kunstform der Animation wurde oftmals als banal, lediglich für Kinder oder sogar als lächerlich dargestellt. Doch dieses Jahr hat die Academy endlich ihren Ton gewechselt. Die fünf nominierten Filme, Flow, Inside Out 2, Memoir of a Snail, Wallace & Gromit: Vengeance Most Fowl und The Wild Robot, haben diesen Respekt auch verdient. Alle verfügen über wunderschöne Animation, tolle Stories sowie interessante und einzigartige Blickwinkel. Der Preis ging schliesslich an Flow, ein Animationsfilm aus Lettland. Dieser wurde mit einem extrem kleinen Budget produziert und ist speziell, da der Film über keinerlei Dialog verfügt. Flow folgt einer Katze, die sich nach einer Überschwemmung gemeinsam mit anderen Tieren ein neues Zuhause suchen muss. Dass der Regisseur den Oscar seinen Haustieren widmete, macht daher sehr viel Sinn. Der Gewinn für Flow bedeutete auch den allerersten Oscar für Lettland. Nur einer von vielen ersten Oscars an diesem Abend.

Das Team von Flow nach ihrem Sieg in der Kategorie Bester Animationsfilm.

 

«Together our voices are stronger.»

Der ganze Abend war geprägt von ersten Siegen und Rekorden. So gewann Paul Tazewell als erster afroamerikanischer Mann den Oscar für Kostümdesign für seine Arbeit in Wicked. Zoe Saldaña gewann als erste von der Dominikanischen Republik abstammende Schauspielerin einen Oscar für die Beste Nebendarstellerin für ihre Rolle in Emilia Pérez. In ihrer Dankensrede betonte sie, wie ihre Grosseltern als Immigranten in die USA kamen und wie wichtig Immigrant:innen für die USA sind. Ein klares Statement in der momentanen politischen Situation in den USA. Der Film I’m Still Here über eine Familie, deren Leben während dem Militärregime der 1970er in Brasilien auf den Kopf gestellt wird, gewann Bester Internationaler Film. Es ist die erste Nomination und der erste Oscar für das Land. In der Kategorie Bester Dokumentarfilm gewann die palästinensische-israelische Kollaboration No Other Land. Der Film dokumentiert die Besetzung im Westjordanland und die Filmemacher setzen mit ihrer Zusammenarbeit ein starkes Zeichen für Frieden.

Basel Adra und Yuval Abraham mit ihren Oscars für ihre Dokumentation No Other Land.

 

«It’s a reminder to not let hate go unchecked»

Als die Preisverleihung langsam dem Ende zuging, kam es zu einer der wohl interessantesten Verkündungen der Oscarnacht: Wer wird Bester Hauptdarsteller? Obwohl auch die anderen Nominierten, Colman Domingo, Sebastian Stan und Ralph Fiennes, tolle Darbietungen gezeigt haben, galt alle Aufmerksamkeit zwei Männern. Adrien Brody für The Brutalist und Timothée Chalamet für A Complete Unknown waren die Favoriten für den Oscar. Das Rennen zwischen den beiden war eine enge Sache, doch schlussendlich war doch Adrien Brody der glückliche Oscargewinner. Er bekam seinen zweiten Oscar, nachdem er 2003 seinen ersten Oscar für The Pianist gewonnen hatte. Etwas schade ist es, dass Chalamet nicht ausgezeichnet wurde. Hätte er den Oscar gewonnen, hätte er Brody als jüngsten Besten Hauptdarsteller abgelöst. Leider hat dies nicht funktioniert, doch ein Schauspieler im Kaliber von Timothée Chalamet wird irgendwann noch seinen Oscar gewinnen. Adrien Brody setzte also keinen neuen Rekord mit seinem Gewinn, doch vielleicht setzte er einen mit seiner Dankesrede. Obwohl er Aussagen über den Kampf gegen Hass und für Toleranz einbrachte, zeichnete sich seine Rede vor allem dadurch aus, dass sie sehr lang war. Und dies leider ohne klares Ziel.

Adrien Brody (The Brutalist) mit seinem zweiten Oscar in der Kategorie Bester Hauptdarsteller.

 

«Long live Independent Film!»

Doch zwischen den vielen Gewinner:innen und neuen Rekordsetzer:innen, gab es jemanden der gross hervorstach. Sean Baker und sein Film Anora. Die beiden gingen als die grossen Gewinner aus dem Abend. Baker setzte einen neuen Oscar-Rekord, der nicht so einfach zu übertreffen sein wird. Er gewann vier Oscars am selben Abend für denselben Film. Anora, und dadurch Baker, gewann den Oscar für das Beste Originelle Drehbuch, den Oscar für das Beste Editing und für die Beste Regie. Baker nutze seine ersten drei Dankesreden dazu, ein Plädoyer für Independent Filme zu geben. Baker ist stolz darauf seine Filme, ohne ein grosses Studio im Rücken zu produzieren. Die vielen Gewinne für Anora und der Fakt, dass der Film als einer der Favoriten für den Hauptpreis Best Picture in Abend startete, machten wohl viele Fans hoffnungsvoll.

 

Sean Baker mit seinen vier Oscars (Bestes Drehbuch, Bestes Editing, Beste Regie und Best Picture) für seinen Indie-Film Anora.

 

Eine weitere Überraschung machte das Anora-Märchen noch perfekt. Mikey Madison war für ihre Rolle als Ani in Anora für den Oscar als Beste Hauptdarstellerin nominiert. Obwohl Madison eine der Favoritinnen war, hatte sie schwierige Konkurrenz durch Demi Moore. Mit dem Film The Substance hat Moore ihrer Karriere einen klaren Höhepunkt gesetzt. Moore hat während der Awards Season eine tolle Kampagne geführt, die Ähnlichkeiten mit einigen erfolgreichen Kampagnen der letzten Jahre hatte. Es blieb bis zum letzten Moment spannend, ob Demi Moore oder Mikey Madison den Oscar gewinnen würde. Als Mikey Madison dann als Gewinnerin verkündet wurde, waren sie und das ganze Anora-Team ausser sich vor Freude. Ihr Gewinn zeigte auch einen Wechsel in der Art und Weise, wie die Academy die Schauspiel-Oscars vergibt. In den letzten Jahren hat es sich eingebürgert, dass die Oscars mehr wirkten wie Auszeichnungen für das Lebenswerk der Schauspieler:innen und weniger wie Gewinne für einzelne Rollen. Zu sehen, dass ein junges Talent wie Madison den Oscar für ihre grandiose Durchbruchsrolle gewinnt, ist erfrischend.

 

Mikey Madison (Anora) mit ihrem ersten Oscar.

 

Mit all den Oscars, die Anora den Abend durch gesammelt hat, stand nichts mehr im Weg, dass der Film auch den Preis für Best Picture gewinnen wird. Und so kam es dann auch, Anora wurde zum Best Picture 2025 verkündet. So gewann Sean Baker, der den Film auch produziert hat, seinen vierten Oscar und setzte den schon genannten Rekord. Auch diese letzte Rede nutze er, um sich für Independent Filme auszusprechen. Er erwähnte dabei, dass Anora mit einem Budget von nur 6 Millionen Dollar gemacht wurde. Dies klingt zwar für uns nach viel Geld, aber wenn man andere Best Picture nominierte Filme wie Dune oder Wicked vergleicht, die mit Budgets von 190 Millionen respektive 145 Millionen Dollar produziert wurden, sieht man, wie klein ein Budget von 6 Millionen wirklich ist. Einen Film, der mit für heutige Hollywood-Verhältnisse so extrem knappen finanziellen Mitteln gedreht wurde, als Best Picture auszuzeichnen, macht hoffnungsvoll, dass mehr kleine Filme in Hollywood erfolgreich sein können.

 

Das Team von Anora nach dem der Film den Oscar für Best Picture gewonnen hat.

 

Die Oscars waren auch dieses Jahr wieder voller Highlights und ein paar Lowlights. Doch im Ganzen waren die Oscars klar eine Zelebration des Filmemachens und ehrten jede Sparte mit dem Respekt, welche sie verdient. Für Oscarsfans wie mich war es ein gelungener Abend und ich hoffe, nächstes Jahr wird wieder ähnlich. Ich kann es jetzt schon kaum erwarten.

 

Wer nicht in der Nacht von Sonntag aufwachen wollte, kann die Oscars jetzt noch auf Disney+ streamen.

 

Text Franziska Schwarz

Bilder Academy of Motion Pictures Arts and Sciences

 


Liste aller Gewinner:innen

Best picture

  • WINNER: Anora
  • The Brutalist
  • A Complete Unknown
  • Conclave
  • Dune: Part Two
  • Emilia Pérez
  • I’m Still Here
  • Nickel Boys
  • The Substance
  • Wicked

Best actress

  • WINNER: Mikey Madison – Anora
  • Cynthia Erivo – Wicked
  • Karla Sofía Gascón – Emilia Pérez
  • Demi Moore – The Substance
  • Fernanda Torres – I’m Still Here

Best actor

  • WINNER: Adrien Brody – The Brutalist
  • Timothée Chalamet – A Complete Unknown
  • Colman Domingo – Sing Sing
  • Ralph Fiennes – Conclave
  • Sebastian Stan – The Apprentice

Best supporting actress

  • WINNER: Zoe Saldaña – Emilia Pérez
  • Monica Barbaro – A Complete Unknown
  • Ariana Grande – Wicked
  • Felicity Jones – The Brutalist
  • Isabella Rossellini – Conclave

Best supporting actor

  • WINNER: Kieran Culkin – A Real Pain
  • Yura Borisov – Anora
  • Edward Norton – A Complete Unknown
  • Guy Pearce – The Brutalist
  • Jeremy Strong – The Apprentice

Best director

  • WINNER: Sean Baker – Anora
  • Jacques Audiard – Emilia Pérez
  • Brady Corbet – The Brutalist
  • Coralie Fargeat – The Substance
  • James Mangold – A Complete Unknown

Best international feature

  • WINNER: I’m Still Here – Brazil
  • The Girl with the Needle – Denmark
  • Emilia Pérez – France
  • The Seed of the Sacred Fig – Germany
  • Flow – Latvia

Best animated feature

  • WINNER: Flow
  • Inside Out 2
  • Memoir of a Snail
  • Wallace & Gromit: Vengeance Most Fowl
  • The Wild Robot

Best original screenplay

  • WINNER: Anora – Sean Baker
  • The Brutalist – Brady Corbet and Mona Fastvold
  • A Real Pain – Jesse Eisenberg
  • September 5 – Moritz Binder, Tim Fehlbaum, Alex David
  • The Substance – Coralie Fargeat

Best adapted screenplay

  • WINNER: Conclave – Peter Straughan
  • A Complete Unknown – Jay Cocks and James Mangold
  • Emilia Pérez – Jacques Audiard
  • Nickel Boys – RaMell Ross and Joslyn Barnes
  • Sing Sing – Clint Bentley and Greg Kwedar

Best original song

  • WINNER: El Mal – Emilia Pérez
  • Never Too Late – Elton John: Never Too Late
  • Mi Camino – Emilia Pérez
  • Like A Bird – Sing Sing
  • The Journey – The Six Triple Eight

Best original score

  • WINNER: The Brutalist
  • Conclave
  • Emilia Pérez
  • Wicked
  • The Wild Robot

Best documentary feature

  • WINNER: No Other Land
  • Black Box Diaries
  • Porcelain War
  • Soundtrack to a Coup d’Etat
  • Sugarcane

Best costume design

  • WINNER: Wicked
  • Nosferatu
  • A Complete Unknown
  • Conclave
  • Gladiator II

Best make-up and hairstyling

  • WINNER: The Substance
  • A Different Man
  • Emilia Pérez
  • Nosferatu
  • Wicked

Best production design

  • WINNER: Wicked
  • The Brutalist
  • Dune: Part Two
  • Nosferatu
  • Conclave

Best sound

  • WINNER: Dune: Part Two
  • A Complete Unknown
  • Emilia Pérez
  • Wicked
  • The Wild Robot

Best film editing

  • WINNER: Anora
  • The Brutalist
  • Conclave
  • Emilia Pérez
  • Wicked

Best cinematography

  • WINNER: The Brutalist
  • Dune: Part Two
  • Emilia Pérez
  • Maria
  • Nosferatu

Best visual effects

  • WINNER: Dune: Part Two
  • Alien: Romulus
  • Better Man
  • Kingdom of the Planet of the Apes
  • Wicked

Best live action short

  • WINNER: I’m Not a Robot
  • Anuja
  • The Last Ranger
  • A Lien
  • The Man Who Could Not Remain Silent

Best animated short

  • WINNER: In the Shadow of the Cypress
  • Beautiful Men
  • Magic Candies
  • Wander to Wonder
  • Yuck!

Best documentary short

  • WINNER: The Only Girl in the Orchestra
  • Death by Numbers
  • I Am Ready, Warden
  • Incident
  • Instruments of a Beating Heart