Es gibt Dinge, die jedem Filmfestival gemein sind: Das Ziel, ausgezeichnete Filme bekannt zu machen, möglichst viele namhafte Gäste einzuladen, welche dann während einigen Tagen im Rampenlicht der jeweiligen Stadt stehen. Interviews werden geführt, und Fotografen ringen um die vorteilhafteste Perspektive, um den Star im besten Moment zu erwischen. Damit am Ende des Tages aber alle zufrieden und rechtzeitig an ihren Plätzen sitzen, sobald der Einspann läuft, ist eine nicht geringe Zahl an Mitarbeitern vonnöten.
Als ich ins „Nouveau Monde“ spaziere, rechne ich nicht damit, gleich zwei Mitarbeitende anzutreffen, die sich bereit erklären, meinen Fragen Rede und Antwort zu stehen. Selbstverständlich ist es auf jeden Fall nicht, bedenkt man die augenscheinliche Straffheit ihres Arbeitsplans. Tatsächlich aber hätten auch sie Zeit, sich Filme anzusehen und Leute zu treffen, meint eine Mitarbeiterin. Jedoch müsse man flexibel sein, denn es treten immer wieder unvorhergesehene Dinge ein. Ein zusätzlicher Gast, der am Bahnhof abgeholt werden muss; eine zusätzliche Begleitperson oder eine Änderung der Jury, da ein Mitglied an einem Tag doch nicht anwesend sein kann, können Gründe für einen spontanen Einsatz sein.
Das FIFF bietet ein einzigartiges Ambiente
Die Arbeit an sich mache Spass, da die Gäste, und insbesondere auch die Regisseure, Schauspieler und die Jury, in der Regel alles äusserst angenehme Zeitgenossen seien, die sich in der familiären Atmosphäre des FIFF sichtlich wohlfühlten. Die Jurys, von denen es acht verschiedene gibt, setzen sich unter anderem aus international bekannten Schauspielern, Regisseuren, aber auch aus Studierenden von Schweizer Kunsthochschulen zusammen. Doch nicht nur die diesjährigen nominierten Filme werden bewertet, sondern auch Schweizer Filme von einer nepalesischen Jury. So wird die Wichtigkeit des kulturellen Austausches und der Gleichheit betont.
Es sei eine Eigenheit des FIFF, dass sich sowohl Kinos, Hotels, Festivalzentrum und Bahnhof in unmittelbarer Nähe befinden. Im „Nouveau Monde“, welches an das Ancienne Gare gekoppelt ist, versammeln sich Mitarbeiter sowie Regisseure in gemütlicher Runde zum Essen – keiner habe das Gefühl, fehl am Platz zu sein.
Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen
Damit das Festival ein voller Erfolg wird, muss aber auch viel dafür gearbeitet werden. Und hier sind wir wieder bei den Mitarbeitern, den Bühnentechnikern und dem Verkaufspersonal: Sie alle sorgen für einen reibungslosen Ablauf des Festivals. Je nach Aufgabengebiet bedingt es mehr oder weniger Vorbereitung. Ist man beispielsweise für die Organisation der Jurys zuständig, müsse man schon mit einem Monat im Voraus rechnen. Aber auch wenn die Jury eingeteilt sei, gäbe es noch genügend Arbeit. Einer der von mir befragten Mitarbeiter ist im Transport tätig. Er erzählt, dass er gerade heute um drei Uhr morgens in Zürich einen Gast abholen musste, da es dieser ansonsten nicht zum entsprechenden Anlass am Morgen geschafft hätte. Trotzdem lacht er und ist bester Laune: Er hatte danach nämlich glücklicherweise genügend Zeit, um sich zu erholen.
Und was hat man davon?
Auf die Frage, ob die Entlohnung angemessen sei, lautet die einstimmige Antwort: „Ja, definitiv.“ Und damit ist nicht das Geld gemeint. Vielmehr sei es die einzigartige Stimmung, welche mit keiner Geldsumme aufzuwiegen sei. Eine Woche lang lebe man wie in einer anderen Welt, komplett dem Alltag entflohen. Am FIFF treffe man Leute, die genauso filmbegeistert seien wie man selbst. Man schliesse Freundschaften mit Menschen, denen man im Alltag sonst nicht über den Weg laufen würde. Am Samstag herrsche jeweils eine ganz merkwürdige Stimmung. Jedermann wisse, dass der Anlass bald zu Ende sein wird. Überall werden Anekdoten erzählt, und man wolle noch gar nicht an den nächsten Montag denken. Doch alles hat ein Ende, so leider auch das FIFF. Am Schluss müsse gesagt werden, dass sich der ganze Stress und der Aufwand lohnen. Und last but not least: Die Verpflegung beim FIFF sei ausgezeichnet! Das hat man mir zumindest aus verschiedenen vertrauenswürdigen Quellen berichtet.
Foto: Mirjam Schmitz