Studierende, die an der Pérolles in die Vorlesung müssen, haben schon lange die defekte Tür im Trakt A bemerkt. Mühsam muss man die eigentlich automatische Tür von Hand aufstossen, da der Sensor defekt scheint – und das im 21. Jahrhundert. Für gewisse Studierende war diese Mühsal zu viel des Guten. Anstatt weiter ihre Armmuskulatur zu kräftigen, machten sie ihren Unmut nun publik, in dem sie „Memes“ an die betroffene Tür klebten.
Spectrum konnte exklusiv mit einem dieser erzürnten Aktivisten sprechen, der verständlicherweise anonym bleiben will.
Die Uni Mainz war kürzlich mit einer ähnlichen Aktion erfolgreich. Was versprechen Sie sich durch ihre Aktion?
Gerechtigkeit und Genugtuung. Wir Studierenden wollen diesen Misstand in kürzester Zeit aus der Welt schaffen. Schliesslich musste man schon wochenlang diese Tür von Hand aufstossen. Da ist es nur recht und eine persönliche Befriedigung, dass irgendjemand jetzt wieder mühselig den Kleber der Blätter abkratzen darf. Zusätzlich wäre es natürlich schön, wenn automatische Türen sich auch automatisch öffnen würden. Es kam schon soweit, dass ich frühmorgens einmal ganze fünf Minuten vor der Türe darauf gewartet habe, dass sie sich öffnet. Ich wurde bitter enttäuscht und kam zusätzlich auch noch zu spät in meine Vorlesung in Ufologie.
(Anmerkung der Redaktion: Ufologie wird nicht mehr nur anhand von Feldstudien in Kornkreisen gelehrt, sondern neu auch im Vorlesungssaal.)
Haben Sie eine emotionale Bindung zur Tür, dass Sie sich so für ihre Reparatur einsetzen? Oder sind Sie schlichtweg zu faul, die Tür von Hand – wie dies im letzen Jahrhundert noch üblich war – zu öffnen?
Das hier ist eine Grundsatzdebatte. Eine emotionale Bindung habe ich natürlich nicht, es ist ja bloss eine Tür. Jedoch habe ich mich nach den vielen Jahren hier an der Universität Freiburg an einen gewissen Lebensstandard gewöhnt. Ich habe mir geschworen, nicht weniger als diesen zu akzeptieren. Ausserdem – haben Sie mal versucht die Tür zu öffnen? Die wiegt bestimmt 300 Kilogramm!
Geht es Ihnen in erster Linie um den Techniker, oder einfach nur um den Wirbel, den diese neue Form der Demonstration aufwirft?
Natürlich bin ich einer, der gerne mal aneckt und auch um kleine Dinge einen grossen Wirbel macht. Wo käme man denn hin, würde man alles einfach so hinnehmen wie es ist? Ich habe in naher Zukunft auch schon andere Projekte mit welchen ich bestimmte Gegenstände ändern will, die mich stören. Bei dieser Aktion ist das Ziel selbstverständlich, dass ein Techniker kommt und den Defekt behebt.
Früher gingen Studierende mit selbstgemachten Schildern auf die Strasse, um ihren Willen durchzusetzen. Wurde dieser Stil des Demonstrierens nun vom Ankleben von Fotografien an Wände eingeholt?
Ganz ehrlich, wer hat den heute noch Zeit dazu, Schilder zu basteln und auf die Strasse zu gehen? Vielleicht Spiessbürger und Streber. Dazu kommt noch, dass ich so etwas nie an einem Regentag durchführen würde. Wenn dann die Sonne scheint, würde ich doch lieber in ein schönes Café sitzen und mir ein koffeinhaltiges Heissgetränk gönnen. So kann ich auf meinem intelligenten, portablen Telefon die „Memes“ erstellen, beim Freund, der nebenan wohnt ausdrucken und auf dem Rückweg an die Uni den betroffenen Gegenstand bekleben. Somit ist man also sogar beim Demonstrieren beim Hipster-Lifestyle angelangt, sozusagen die Guerilla-Demo 2.0.
Heute kettet man sich nicht mehr selbst an Wände, sondern beklebt sie. Ist es das Anonyme, das in der heutigen Zeit Anklang findet oder wie erklären Sie sich den viralen Erfolg Ihrer Aktion?
Natürlich ist es die Anonymität die viele solche Aktionen möglich macht, denn man wagt viel mehr. Wer würde ohne Gesichtsmaske an einem „Tanz dich Frei“ Farbe an die Wand einer Bank schmieren? Vielleicht möchte man ja dort später einmal selbst arbeiten! Durch das Internet entsteht eine grössere Beteiligung an der Aktion. So bringt es den gewünschten Erfolg und unterhält zudem noch die Mitstudierenden. Schaden tut es niemandem, ausser dem, der die „Memes“ wieder abnehmen muss. Vielleicht belustigen sie ihn aber auch nur bei seiner Arbeit.
Hat Ihre Aktion bereits Resonanz Seitens der Verwaltung oder der Hauswartung ausgelöst?
Bis jetzt ist mir noch keine Reaktion zu Ohren gekommen. Ich werde jetzt natürlich die Situation aussitzen und abwarten was geschieht.
Interview: Simone Frey