Die Neuigkeit schlug letzte Woche ein: Die Studierenden der Universität Freiburg müssen künftig für ihr Studium in der Zähringerstadt pro Semester bis zu 200 Franken mehr bezahlen. Was sind die Gründe dafür?
„Mobilisieren wir uns für unsere Universität!“ – am 16. Oktober trat die Studierendenschaft der Universität Freiburg (AGEF) mit einer Petition an die Öffentlichkeit, die eindringlich dazu aufruft, sich zu für die Anliegen der Studierenden zu engagieren. Hintergrund der Petition ist der geplante Antrag des Rektorats an den Freiburger Staatsrat, eine Erhöhung der Semestergebühren zu gestatten. Innert kürzester Zeit wurde der Aufruf über viertausend Mal unterschrieben, und die Universität Freiburg stand im Fokus der medialen Aufmerksamkeit. Eine Situation, mit der die Universitätsleitung bereits rechnete: „Dass die AGEF über die geplante Erhöhung nicht allzu erfreut sein würde, war absehbar“, meint Rektorin Astrid Epiney. Das durch die Petition geweckte Interesse sei wichtig, um die verschiedenen Positionen der Universitätsangehörigen gut zu erfassen – die angestossene Diskussion ermögliche eine Art Vernehmlassungsverfahren.
Um was geht es beim Disput zwischen der AGEF und dem Rektorat?
Die im letzten Frühling vom Senat der Uni verabschiedete Mehrjahresplanung der enthält verschiedene Massnahmen, zur Verbesserung und Weiterentwicklung des Studiums in Freiburg. Im Verlauf des Sommers stellte das Rektorat fest, dass die Ziele nur mit einer markanten Vergrösserung des Universitätsbudgets zu erreichen sind. In den folgenden Beratungen innerhalb des Rektoratsgremiums wurde angedacht, den Staatsrat um eine Erhöhung seiner Beteiligung zu bitten – mit Erfolg: Der Staatsrat hat sich gemäss Rektorat zu einer substanziellen Erhöhung von jährlich bis zu 17 Millionen Franken bereit erklärt.
Dass auch die Studierenden einen Beitrag zur Verbesserung ihrer Ausbildung beizutragen haben, ist für das Rektorat klar. „Alle Studierenden bezahlen bereits heute nur einen Bruchteil ihrer Ausbildung selbst“, führt Epiney aus, „und die Universität Freiburg plant, die Semestergebühren im Rahmen des nationalen Durchschnitts zu erhöhen.“ Gemäss der AGEF bedeutet diese Angleichung eine Erhöhung der Gebühren um bis zu 35 Prozent, welche etwa vier Millionen an das Budget beitragen wird. Die Studierenden wurden nach dem gefällten Entscheid umgehend informiert, um sich noch vor dem definitiven Antrag des Rektorats an den Staatsrat positionieren zu können.
„Ein Studium kostet bereits heute sehr viel Geld. Neben den Semestergebühren sind auch weitere Gebühren für die Prüfungseinschreibung fällig. Hinzu kommen teure Lehrbücher sowie die allgemeinen Lebenshaltungskosten“, führt Jean-Thomas Vacher, Co-Präsident der AGEF aus. „Die meisten Studierenden arbeiten ohnehin bereits. Viele werden versuchen, das zusätzliche Geld selbst zu erarbeiten, was zu einer Vernachlässigung ihres Studiums führen kann. Dies kann wiederum zu einer Verlängerung der Studienzeit und zusätzlichen Kosten führen.“ Der AGEF-Vorschlag, die Vereinbarkeit von Studium und Erwerbstätigkeit weiter zu verbessern, wird vom Rektorat weiterverfolgt.
Ein kurzer Blick auf die Semestergebühren der Schweiz zeigt: Nach der geplanten Erhöhung würde keine andere Universität der Westschweiz ihre Immatrikulierten stärker zur Kasse bitten als Freiburg. Das sei zwar korrekt, relativiert Epiney, allerdings müsse beachtet werden, dass die Lebenshaltungskosten in den anderen Universitätsstädten massiv höher seien als in Freiburg. Dass die höheren Kosten interessierte Schüler künftig von einem Studium im Üechtland abhalten wird, glaubt die Rektorin nicht: „Die Semestergebühren tragen höchstens minimal zur Wahl des Studienortes bei.“
Semestergebühren der Schweizer Universität
Lausanne : 580 Franken |
Genf : 500 Franken |
Neuenburg : 550 Franken |
Freiburg : 650 Franken |
Basel : 850 Franken |
St. Gallen : 1’226 Franken |
Bern : 805 Franken |
Zürich : 700 Franken |
Wofür wird das Geld gebraucht?
Die Leitung der Universität spricht von vielfältigen konkreten Projekten in verschiedenen Bereichen, so etwa von der Schaffung neuer Stellen in verschiedenen Lehrbereichen oder aber neuer Dienstleistungen wie einem Welcome Center oder – mittelfristig – einem Career Center. Für die Rektorin steht dabei fest, dass die durch die Erhöhung der Semestergebühren erzielten Mehreinnahmen direkt oder indirekt den Studierenden zugutekommen: „Besonders in jenen Bereichen, in denen das Betreuungsverhältnis zwischen Dozierenden und Studierenden nicht mehr angemessen gewährleistet werden kann, werden sich spürbare Verbesserungen zeigen.“ Gerade die Universität Freiburg, welche sich ein persönliches, familiäres Studium auf die Fahne schreibt, müsse weiterhin sehr gute Rahmenbedingungen für Professorinnen und wissenschaftliche Mitarbeiter ermöglichen, damit diese die jungen Erwachsenen erfolgreich durchs Studium begleiten können. Was dies konkret bedeutet, ist in der Mehrjahresplanung des Rektorats 2018-2022 ersichtlich. Verschiedene Punkte, die einen Anstieg der Kosten verursachen, sind neue Professuren oder die zunehmende Anzahl Studierender in Studiengängen wie den Erziehungs- oder den Sportwissenschaften.
Ein Zusammenhang mit teuren neuen Projekten wie dem künftigen Master in Medizin oder dem geplanten neuen Gebäude der Jus-Fakultät sei höchstens indirekt gegeben, insistiert das Rektorat. Beim Mehraufwand handle es sich ausschliesslich um Kredite für den Studienbetrieb und nicht für einmalige Aufwendungen. Trotzdem: Epiney weiss um den Symbolcharakter der Erhöhung der Semestergebühren: „Wir stehen vor einem wichtigen obligatorischen Referendum zum Erweiterungsbau der Jus-Fakultät. Natürlich wird im Abstimmungskampf die Frage nach dem Beitrag der Studierenden an das Budget der Universität gestellt werden.“
Wie geht es nun weiter?
Eine wichtige Rolle spielt in dieser Situation schlussendlich der Kanton. Der letzte Beitrag des Kantons hatte am Budget der Universität einen Anteil von 42.5 Prozent, während andere Kantone einen weitaus grösseren Teil ihrer Universitäten finanzieren – die Waadt etwa finanziert 65 Prozent ihrer Universität, der Kanton Bern trägt 52 Prozent des Budgets. Mit der bereits beschriebenen Erhöhung des Beitrags würde der Kanton seinen Beitrag von bisher 92 Millionen folglich um 18 Prozent erhöhen, während die Studierenden bei den Semestergebühren um bis zu 35 Prozent zur Kasse gebeten werden.
Das Rektorat wird in den kommenden Tagen nach der Anhörung sämtlicher Interessensgruppen – das sind neben der AGEF auch die Vertreter der wissenschaftlichen Mitarbeitenden sowie die Fakultäten – den definitiven Antrag an den Staatsrat übermitteln. Mit einem Entscheid der Politik wird Anfang November gerechnet. Die AGEF bemüht sich, eine positive Herangehensweise zu wahren und konstruktiv mit dem Rektorat zusammenzuarbeiten. Vacher und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter des AGEF-Komitees haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben: Es wurden Arbeitsgruppen gebildet, Briefe an Politikerinnen und Politiker versendet und für den 9. November um 15 Uhr ist an der Miséricorde eine Demonstration angekündigt.
Demonstration:
- Wann: 9. November um 15:00 Uhr
- Wo: Bei der Miséricorde
- Wer: Alle Studierenden
Kommentar der Spectrum-Politikredaktion
Wir haben, wie alle anderen Studierenden, letzte Woche via Facebook von der geplanten Erhöhung der Semestergebühren erfahren. Als Politikredaktoren der Studierendenzeitschrift waren wir zu keinem Zeitpunkt besser informiert, als jede andere Studentin, als jeder andere Student. Unser Artikel kann daher die Geschehnisse bloss rückblickend einordnen.
„Studierende, mobilisiert euch!“, die Nachricht der AGEF ist angekommen: beinahe fünftausend Unterschriften der Petition zeigen: Die Freiburger Studierenden sind nicht so lasch wie mancher glaubte.
Die Erhöhung der Semestergebühren ist inakzeptabel. Was das Rektorat den Studierenden als Investition in die eigene Zukunft verkauft, ist letztlich ein Marketinginstrument zur Weiterentwicklung der Universität nach dem eigenen Gusto. Über die konkreten Vorteile für den einzelnen Studierenden wird unzureichend informiert – fast so, als ob man selbst realisieren würde, dass diese das Geld nicht wert sind. Die Studierenden wurden nicht gefragt, ob und inwiefern sie sich eine Weiterentwicklung der Universität wünschen. Die Studierenden wurden nicht gefragt, ob sie bereit sind, die Kosten dieser Weiterentwicklung zu tragen. Uns Studierenden wurde wie einem unmündigen Kleinkind bereits gefällte Entscheidungen vorgesetzt, die wir nun mit unserem eigenen Sackgeld zu bezahlen haben, während unser bereits ausgewachsener, schwerreicher Bruder Kanton verhältnismässig weniger beitragen wird.
Trotz unbestritten grossem Engagement der AGEF bleiben einige Fragen offen: Warum erfahren wir erst von dieser Erhöhung, wenn die politische Entscheidung schon beinahe gefällt ist? Warum wird die Demonstration am 9. November stattfinden, wenn der Staatsrat eventuell bereits entschieden hat? Woher nimmt die AGEF ihre positive Herangehensweise gegenüber einem Rektorat, das die Studierenden und die Fakultäten praktisch vor vollendete Tatsachen stellt? Doch aller Kritik zum Trotz: Wir müssen uns jetzt gemeinsam für unsere Sache einsetzen – demonstrieren, informieren, überzeugen! Auch wenn uns die leise Angst bleibt, dass die öffentliche Reaktion der AGEF, ganz wie dieser Artikel, zu spät kommt.
Fotocredits: Wilde C. Colares