Zwang gegen Freiheit – zu diesem grossen Kampf rufen die Initianten von „No Billag“ in einem aussergewöhnlich intensiven Abstimmungskampf auf. Die Entscheidung am 4. März sollte also allen Liberalen leichtfallen – wären sie leichtsinnige, libertäre Ideologen. Ein freiheitliches politisches System bedingt ein demokratisches öffentliches Forum, wo sich in einem Wettstreit der Argumente schliesslich die beste Position durchsetzt. Es stimmt, dass die Programme der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft in einem klassischen ökonomischen Modell den Markt verzerren. Bloss: Informationen sind kein Produkt wie eine Aubergine oder ein Besen, Informationen erfüllen eine öffentliche Funktion. Sie stellen sicher, dass die Bevölkerung der Schweiz unabhängig von Wohnort, Muttersprache oder allfälliger Seh- oder Hörbehinderungen in den Meinungsbildungsprozess involviert sein kann. Sollte sich das Staatsverständnis der libertären „No Billag“-Initianten durchsetzen, dürfen wir uns bald auf Crowdfunding-Kampagnen zur Finanzierung der neuen Kantonsstrasse zwischen Bulle und Greyerz oder zum Erhalt der Theologischen Fakultät Freiburg freuen. Nur Staatsausgaben, welche der Sicherung des Eigentums (lies: des Reichtums der privilegierten Oberschicht) dienen, sollen natürlich weiterhin von der Allgemeinheit finanziert werden.
Bestünden tatsächlich Zweifel daran, dass die öffentlichen Fernseh- und Radiokanäle einen anderen Auftrag verfolgen, als durch ihre Programme auf sachgerechte, neutrale Weise zur Bildung, Kultur, Meinungsbildung und Unterhaltung des Landes beizutragen, können diese bis vor Bundesgericht vorgebracht werden. Die effektiv gerügten Inhalte bewegen sich jedoch jedes Jahr im niedrigen einstelligen Bereich. Das zeigt, dass die Initianten zwar vorgeben, gegen ein einseitiges Staatsmedienhaus anzukämpfen, tatsächlich aber mit ihrem Wunsch von einem freien Medienmarkt tendenziösen Massenmedien Tür und Tor öffnen. Anhand der Entwicklungen bei der gedruckten Presse lässt sich unschwer erahnen, dass die öffentliche Finanzierung nicht nur von Abonnementslösungen, sondern auch von Financiers mit politischen Intentionen abgelöst werden würde. Es stehen sich bei der kommenden Abstimmung also nicht Zwang und Freiheit gegenüber. Gefällt wird der Entscheid zwischen einem Medienhaus, das für die Werte der Schweiz einsteht und der Ausgewogenheit verpflichtet ist und einer ungewissen medienpolitischen Zukunft, welche zwar keinen demokratischen, dafür umso intensiveren ökonomischen Zwängen unterworfen ist.