Die Energiesparmassnahmen machen auch vor Weihnachtslichtern keinen Halt. Ob und inwiefern das eine saisonale Depression verstärken kann, erklärt die Psychologin Simone Munsch.

Nachdem wir in den letzten beiden Wintern wegen der Coronapandemie das Desinfizieren und Abstandhalten gelernt haben, lehrt uns dieser Winter nun aufgrund der Energiekrise das Stromsparen. So hat der Staatsrat des Kantons Freiburg am 27. September 2022 einige Massnahmen für die Kantonsverwaltung beschlossen, darunter die Temperatursenkung auf 19 Grad, das Abschalten aller unbenutzten elektrischen Geräte sowie die Beschränkung der Gebäudebeleuchtung. Auch die Strassenbeleuchtung soll zwischen 23:30 und 5:30 Uhr ausgeschaltet oder reduziert werden. Denn laut der Webseite des Kantons Freiburg muss der Staat «beim Energiesparen mit gutem Beispiel vorangehen». Und die Bevölkerung muss diesem Beispiel folgen?

Kollektiv den Stecker ziehen?

Das Bundesamt für Energie (BFE) erklärt dazu: «Stand heute existieren keine vom Bund verordneten Strom- bzw. Energiesparmassnahmen. Vielmehr zählen wir auf freiwillige Bemühungen von Seiten der Bevölkerung und der Wirtschaft». Die Empfehlungen an die Bevölkerung machen allerdings nicht einmal vor Weihnachtslichtern Halt.  Anlässlich der bevorstehenden Feiertage empfiehlt das BFE nämlich: «Setzen Sie die Schaufenster- und Weihnachtsbeleuchtung sehr sparsam ein und schalten Sie diese in der Nacht möglichst ganz ab.» Dieser Winter wird somit wohl noch dunkler als gewöhnlich. Was macht das mit unserer Psyche? Simone Munsch, Psychologieprofessorin an der Universität Freiburg, liefert dazu Antworten.

 

 

Wenn der Winter aufs Gemüt schlägt

Wer über «anhaltende Niedergeschlagenheit, Interessensverlust, Antriebslosigkeit und Müdigkeit» klagt, könnte Frau Munsch zufolge an einer saisonalen Depression leiden. Zusätzlich zu diesen üblichen Kernmerkmalen werden von Betroffenen teilweise auch Symptome wie Heisshunger und Gewichtszunahme genannt. Die depressive Störung tritt regelmässig in Zusammenhang mit einer bestimmten Jahreszeit auf, vor allem im Herbst oder Winter. Allerdings gibt es auch eine seltenere Frühlings- beziehungsweise Sommervariante mit Symptomen wie «Gewichtsverlust, Schlaflosigkeit und vermehrter Aggressivität». Für eine Diagnose müssen Betroffene mindestens zwei Episoden innerhalb der letzten zwei Jahre erlebt haben. Nur rund 0,5 bis 2,4 Prozent der Bevölkerung erkranken in ihrem Leben daran. Leidet eine Person allerdings bereits an einer anderen Form der Depression, steigt die Wahrscheinlichkeit auf 10 bis 20 Prozent.

Jung, weiblich und nordisch

Die Anfälligkeit für eine saisonale Depression kann je nach Alter, Geschlecht und Wohnort variieren. Sie betrifft besonders junge, weibliche und in nördlichen Breitengraden wohnhafte Menschen. Die Frage, ob Energiesparmassnahmen wie etwa das Ausschalten von Weihnachtslichtern einen direkten Einfluss auf eine saisonale Depression haben können, verneint die Psychologin klar. Allerdings fügt sie hinzu, dass ein indirekter Einfluss durchaus möglich sei. So habe die Energiekrise als Ursache von Unsicherheit und Ängsten das Potenzial, eine bestehende saisonale Depression zu verstärken. Zudem fallen mit der Weihnachtsbeleuchtung auch deren positive Effekte auf die Psyche weg, wie die Erzeugung einer feierlichen Atmosphäre und die gesteigerte weihnachtliche Vorfreude.

Fiat Lux

Abschliessend gibt die Psychologin noch Ratschläge, wie die Studierenden eine saisonale Depression behandeln oder vorbeugen können. Da diese hauptsächlich durch einen Mangel an Tageslicht entsteht, können bereits Spaziergänge an der frischen Luft bei Sonnenschein helfen. Sollte die Witterung oder Tageszeit den Zugang zu natürlichem Licht verhindern, können auch künstliche Lichtquellen eingesetzt werden. Es gibt beispielsweise Wecker, die den Sonnenaufgang imitieren, oder auch Tageslichtlampen, die das natürliche Licht der Sonne simulieren. Zusätzliche Unterstützung bieten eine ausgewogene Ernährung und Vitamin-D-Präparate. All diese Ratschläge der Psychologin lassen sich zusammenfassen mit der Sentenz «Es werde Licht!». Denn wenn die Studierenden an düsteren Tagen stets nach heiterem Licht Ausschau halten, sollten sie gut durch diesen Winter kommen.

 

Text: Sophie Sele

Illustration: Emanuel Hänseberger