Mit 60 das Leben noch mal umzukrempeln ist ein nicht ganz einfaches Unterfangen. Trotzdem wagt dies Karin, Protagonistin von Tuesday Club. Als sie an der Feier ihres 40. Hochzeitstag herausfindet, dass ihr Ehemann Sten sie betrügt, entscheidet sie sich dazu, ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen. Der erste Halt auf dem Weg zum eigenständigen Leben ist ein Kochkurs mit ihren Freundinnen. Der charmante, aber mürrische Koch Hendrick sorgt dafür, dass bei Karin nicht nur im Topf etwas aufkocht.

Der Film Tuesday Club (Original in Schwedisch: Tisdagsklubben) von Annika Appelin feierte am FIFF (Festival International de Films de Fribourg) seine Schweizer Premiere. Ein gelungenes Ereignis, denn das ganze Filmtheater war voll mit dabei: Gelacht wurde bei lustigen Aussagen und gestöhnt bei frustrierender Misskommunikation. Das Publikum, ich mittendrin, war super unterhalten. So könnte man den Film prägnant zusammenfassen: Eineinhalb Stunde totale Unterhaltung. Zwar ist der Plot relativ durchsichtig. Es handelt sich um eine romantische Komödie, die den gegebenen Konventionen folgt, was jedoch nicht per se etwas Schlechtes ist. Die Figuren sind lebensnah konstruiert. Und auch die Handlung ist realistisch genug, dass man sich vollkommen in den Film hineinversetzten kann. Der äusserst witzige Dialog zu den Figuren rundet die Liebesgeschichte im Herzen des Films ab. Letztere fokussiert sich jedoch weniger auf Karin und Koch Hendrick, sondern spielt sich vielmehr innerhalb von Karin ab. Durch den Kochkurs lernt sie, sich selbst als den Mittelpunkt ihres Lebens zu sehen und nicht immer die Bedürfnisse ihres Mannes oder der erwachsenen Tochter über ihre eigenen zu stellen.

Darin liegt eine weitere Stärke des Films. Obwohl die verpassten Chancen und die Reue über den Verlauf ihres Lebens für Aussichtlosigkeit sorgen könnten, werden diese Dinge hier zu einer Hoffnungsträgerin. Es ist nie zu spät, etwas zu ändern. Vor allem wenn man bedenkt, dass Karin und ihre zwei Freundinnen, die mit ihr den Kochkurs besuchen, ein Alter über 60 schreiben. Eine erfrischende Situation, da gerade weibliche Figuren in höherem Alter selten als Protagonistinnen in romantischen Filmen zu finden sind. Dies vor allem, ohne dass ihr Alter als ein Hindernis gesehen wird. Eine Tatsache, die männlichen Figuren in ähnlichen Filmen nie vorenthalten wird. Einer Gruppe von drei älteren Frauen zuzusehen, die zusammen feiern gehen, einen Kochkurs besuchen und – kleiner Spoiler – ein Catering-Unternehmen gründen, war toll. Weiter war es erfreulich, dass Karin nie als eifersüchtige oder rachesuchende, hintergangene Ehefrau dargestellt wird. Sie versucht zwar, zuerst mit ihrem Mann die Ehe wieder zu beleben, doch entscheidet sie anschliessend für sich selbst, was sie wirklich will. Selbst als sie herausfindet, wer die Geliebte ihres Mannes war, folgt kein grosser Wutausbruch, sie reagiert fast mit Gleichgültigkeit. Sie weiss, dass sie etwas Besseres verdient hat und hat keine Angst, dies zu sagen und zu zeigen.

Schade fand ich einzig, dass die spannenden Nebenfiguren, wie Karins Freundinnen Monika und Pia oder auch die Tochter Frederika im Film zu wenig Zeit für Entwicklung erhalten haben. Alle haben zwar Probleme, die der Film mehrmals aufwirft, diese werden jedoch innerhalb eines Satzes oder Szene als gelöst gezeigt. Dort hätte ich gerne mehr erfahren. Auch Koch Hendrick als romantische Partner war mir etwas zu wenig ausgearbeitet. Er ist zwar charmant und charismatisch, jedoch hatte ich als Zuschauerin ständig das Gefühl, es müsste noch etwas kommen. Dies vor allem, da in der ersten Szene im Kochkurs klar ersichtlich wird, dass er unzufrieden ist mit seinem Job. Ein Aspekt, den der Film nie wieder aufnimmt.

Da das FIFF dieses Jahr unter dem Thema Film und Kulinarik steht, muss ich an dieser Stelle auch noch eine Warnung aussprechen: Die Gerichte, die im Film gezeigt werden, können Hunger auslösen. Die Speisen, die im Kochkurs gekocht werden, machten mir richtig Lust, sofort selbst den Herd anzuwerfen.

Tuesday Club ist ein Spass von der ersten bis zur letzten Minute. Allen, die gerne lachen und unterhalten werden wollen, kann ich diesen Film empfehlen. Jedoch würde ich raten: Geht nicht mit zu viel Hunger in den Film hinein, dieser wird beim ganzen Kochen nur noch grösser. Und für eventuelles Interesse an einem Kochkurs übernehme ich keine Haftung.

 

Text: Franziska Schwarz

Beitragsbild: FIFF

 


Tuesday Club (Tisdagsklubben)

Schweizer Premiere am FIFF

Titel: Tuesday Club (Tisdagsklubben)

Land: Schweden

Regie: Annika Appelin

Jahr: 2022

Dauer: 102 Minuten

FIFF-Kategorie: Genrekino (I): Guten Appetit!

 

 

 

Trailer