Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Spectrum hat mit drei Liebhaber:innen von härterer Musik gesprochen.

Metal oder Scream Rap und deren Hörerschaft werden von den meisten Menschen als aggressiv und provokativ verurteilt. Doch welche Emotionen vermitteln sie und wer hört diese Genres gern?

 

Scream Rap als Ventil für Wut

Anna hat in der Vergangenheit viel Scream Rap gehört. Das Genre zeichnet sich vor allem durch die musikalische und textliche Verarbeitung von Themen wie Wut, Gewalt und persönlichen/inneren Kämpfen sowie durch schwere und verzerrte Rhythmen aus. Die bekanntesten Vertreter sind Lil Uzi Vert und Playboy Carti.

Anna erzählt, sie habe im Scream Rap ein Ventil gefunden, um die Wut und Trauer herauszulassen, die sie durch viele Schicksalsschläge in ihrem Leben erfahren musste. Ihr wurde von ihrem Umfeld oft das Recht abgesprochen, sich verletzt und wütend zu fühlen – besonders als Frau. Hinzu kam, dass man ihr von aussen nicht ansah, dass sie litt, denn sie war eine gute Schülerin und entsprach auch anderen gesellschaftlichen Erwartungshaltungen. Die Musik war für sie ein Weg, sich endlich verstanden zu fühlen und den Rage, die Wut, nicht mehr zu unterdrücken. Für sie spiegelt Musik eher wider, mit welchen Problemen eine Person zu kämpfen hat, als nur deren Persönlichkeit.

 

Ein ungewöhnlicher Metalhead

Ein anderes, oft stereotypisiertes Genre ist Metal. Im Allgemeinen ist das verbreitete Bild eines Metalheads ein Mann mit langen Haaren, schwarzen Bandshirts und der Angewohnheit zu «headbangen». Luc hingegen bezeichnet sich als eher ungewöhnlichen Metalhead: Mit seinem Kurzhaarschnitt und den farbigen Klamotten erwartet man von ihm nicht gerade, dass er ein grosser Fan von Progressive Metal ist. Bands, die er gerne hört, sind Gojira, TesseracT, Haken und Rendezvous Point.

 

 

Bei dem Genre faszinieren ihn insbesondere die Instrumentals. Da er selbst Schlagzeug spielt, interessieren ihn die eingesetzten Techniken der Schlagzeuger:innen

Luc achtet mehr auf die akustisch-künstlerische Gestaltung als auf den Text. Er schätzt die Stimulation, die sie ihm bietet. Musik sei sein täglicher Begleiter und erfülle ihn mit einer hohen Wertschätzung und Faszination, Behaglichkeit sowie einer bittersüssen Melancholie.

Die richtige Technik macht es aus

Zuletzt haben wir mit Jack gesprochen. Jack hört nicht nur gerne Metalbands wie Bring Me The Horizon, Lorrna Shore, Sleep Token und Architects – er lässt sich von ihnen auch inspirieren. Seit ungefähr drei Monaten nimmt er Gesangsunterricht, in dem er die nötige Atemregulierung übt, die er auch für Harsh Metal Vocals und Screams braucht. Jack brennt leidenschaftlich für sein Training. Was für viele wie planloses Herumschreien klingt, sei in Wirklichkeit viel komplexer. Er erklärt, dass die falsche Technik schnell die Stimmbänder, die Stimme allgemein sowie den Hals beanspruchen und verletzen können. Deshalb sei es wichtig, achtsam zu üben und sich Schritt für Schritt heranzutasten. «Wie auch beim Muskeltraining muss etwas beansprucht werden, um zu wachsen beziehungsweise um sich daran zu gewöhnen», veranschaulicht Jack.

Die Screams und Growls im Metal können sehr gut Emotionen in den Songs vermitteln. Als Anfänger rät Jack jedoch davon ab, Emotionen zu stark in das Training einfliessen zu lassen. «Wenn man auf emotionaler Basis screamt oder singt, muss sich die Technik meist hintenanstellen und das kann zu Schmerzen führen.»

 

Egal ob Begeisterung für die Instrumente, die Stimulation, das stimmliche Talent oder die eindrücklichen Emotionen – härtere Musikgenres faszinieren Menschen aus unterschiedlichen Gründen.

 

Artikel und Illustration Helene-Shirley Ermel