Den Heimatort zu verlassen und auszuwandern, ist heute Realität vieler. Doch was, wenn es einen aus der neuen Heimat wieder in die alte zurückzieht?

Der Duden definiert den Begriff Heimatgefühl als eine enge Bindung zur Heimat. Doch wo diese Heimat liegt, kann sich über den Verlauf des Lebens ändern. Durch Migration oder auch einen einfachen Umzug für das Studium oder die Arbeit kann das Heimatgefühl sich an einen neuen Ort binden. Für viele Menschen, die ihre Heimat verlassen haben, bleibt das Heimatgefühl beim ursprünglichen Ort hängen. Der Traum, wieder in die Heimat zurückzukehren, ist daher weit verbreitet. Wie es ist, diese Rückkehr wirklich anzutreten, erzählt Liz Wollner im Gespräch mit Spectrum. Die freie Journalistin beschreibt, wie es war, die Heimat zu verlassen und später wieder zurückzugehen.

Vom Schnitzel zum Fondue

Liz Wollner-Grandville stammt ursprünglich aus Wien und ist 2010 in die Schweiz, genau genommen nach Luzern, gezogen. Vor etwa einem Jahr ging es dann aus familiären Gründen wieder zurück. Eine Entscheidung, die nicht ganz freiwillig geschah.

Da Liz schon in ihrer Kindheit oftmals den Wohnort gewechselt hat, war der Umzug von Wien in die Schweiz nichts Neues. Liz erklärt, dass sie den Begriff Wohnort oder Zuhause dem Begriff Heimat vorzieht, da dieser durch rechte Ströme in der Politik vorbelastet sei (mehr dazu im Artikel auf Seite 18). «Man wird geübt darin», meint sie zur Frage, ob es mit der Zeit leichter werde, den Wohnort zu wechseln. Der Umzug in die Schweiz vor 14 Jahren war daher nicht die Herausforderung. Schwierig wird diese Umstellung, wenn der Anschluss fehlt. Am Anfang war Liz daher in der Schweiz etwas verloren und trauerte noch dem Zuhause nach. Doch je mehr Zeit verging, desto eher fand sie Anschluss. Dazu meint sie, dass das Finden von Hobbys und Freunden dazu führte, dass sich ihr Lebensmittelpunkt allmählich von Wien in die Schweiz verschoben habe. Diese Veränderung war ihrer Meinung nach nicht etwas Plötzliches, sondern geschah über längere Zeit und war für Freunde in Wien teilweise schwer nachvollziehbar. «Sie bemerkten, dass ich mich löste», sagt Liz dazu. Dies fiel ihr erneut auf, als sie 2022 wieder nach Wien zurückzog.

 

«Keine gemähte Wiese»

Die Rückkehr nach Wien war für Liz kein langersehnter Traum. Sie fühlte sich in der Schweiz wohl und war sozial sehr gut eingebettet. Doch familiäre Umstände und die damit verbundenen finanziellen Bedingungen machten es für sie unmöglich, die Geschehnisse in Wien von der Schweiz aus zu managen. Die Rückkehr nach Wien war vorher für Liz kein Thema. «Die Rückkehr war unfreiwillig», so sie selbst über die Situation.

Es brauchte auch eine gewisse Zeit, bis sie Wien wieder als ihren Lebensmittelpunkt sah. Es sei eine falsche Annahme zu denken, dass die Anknüpfung an alte soziale Netze automatisch passiere. Den Wiener Spruch «Es ist keine gemähte Wiese» findet Liz daher sehr passend. Zu Beginn musste sie ihren Freundeskreis daran erinnern, dass sie wieder dort wohnte. «Das tut weh, doch man hat Verständnis dafür», sagt sie darüber. Fragen wie «Wann fährst du wieder zurück nach Hause?» wurden, als sie wieder neu in Wien lebte, oft gestellt. Jedoch sagt Liz klar, dass sie es einfacher hatte, da sie, als sie in der Schweiz wohnte, oft zu Besuch in Wien war und so ihre Freundschaften und Kontakte pflegen konnte.

Dies ist wichtiger, als man denkt. Das kann Liz durch ihre Erfahrungen eindeutig bestätigen. Ein Fakt, den viele vernachlässigen, wenn sie davon träumen, in die Heimat zurückzukehren. «Man ist schneller entwurzelt, als man meint», stellt sie fest. Die Angst, sich auch mit den neuen Kontakten in der Schweiz auseinanderzuleben, bestand. Zur Angst der Entwurzlung kamen ebenfalls Ängste der Verwurzlung. Der Druck, dass man sich schnell wieder zu Hause fühlen soll, war gross.

Seit über einem Jahr lebt Liz wieder in Wien, ihrer Heimat, wenn man dies so bezeichnen will. Doch obwohl sie Heimatgefühle wieder mit Wien verbindet, schliesst sie einen erneuten Umzug in die Schweiz nicht aus. «Das Gefühl, wieder zurückzukommen, verschwindet nicht ganz», sagt sie abschliessend. Dabei bleibt offen, welcher Wechsel damit die Rückkehr in die Heimat sein wird.

 

Text und Illustration Franziska Schwarz