Eine extreme Hitzewelle. Die Auswirkungen der Gentrifizierung. Ein Afroamerikaner, der von einem Polizisten so lange gewürgt wird, bis er stirbt. Das alles erlebt ein Quartier im New Yorker Stadtbezirk Brooklyn. Dabei handelt es sich nicht um die kurze Beschreibung  eines neuen (kürzlich erschienenen) Films, sondern um Do the Right Thing, ein Film von Spike Lee aus dem Jahr 1989. Die Aktualität des Films ist auch im Jahr 2024 noch spürbar.

Das Festival International du Film de Fribourg (FIFF) hat dieses Jahr die Kategorie «Cinéma de genre» (Genrekino) dem Thema Hip-Hop gewidmet. Dabei wurden ebenfalls Filme gezeigt, die vom Publikum ausgewählt wurden, darunter auch Do the Right Thing. Der Film stammt vom afroamerikanischen Filmemacher Spike Lee und erzählt die Geschehnisse eines einzigen Tages in einem überwiegend von Afroamerikaner:innen bewohnten Quartier in Brooklyn, New York. Das Ensemble der Charaktere umfasst eine bunte Ansammlung von exzentrischen Menschen, wobei es keine klaren Protagonist:innen gibt. Die Handlung dreht sich um einen Tag im Leben dieser Menschen.. Bedeutend für die Geschichte ist, dass es im Pizzashop von Italo-Amerikaner Sal eine «Wall of Fame» gibt. An dieser Wand hängen Bilder von berühmten Italo-Amerikaner:innen wie Silvester Stallone. Einer der Bewohner des Quartiers, Buggin’ Out, nimmt dies Sal übel, da er sich in einem mehrheitlich von Afroamerikaner:innen bewohnten Block befindet. Diese Wand bringt die Bewohner:innen des Blocks am Ende des Tages zu einer Explosion. Als sich Buggin’ Out mit Radio Raheem, der früher im Film von Sal gezwungen wurde, sein Radio abzuschalten, in den Shop gehen und verlangen, dass Sal die Wand anpasst, geschieht der Eklat. Sal zerstört Radio Raheems Radio und eine Prügelei geht los. Als die Polizei vor dem Shop eintrifft, fassen sie Radio Raheem und würgen ihn, bis er leblos zu Boden fällt. Obwohl die Bewohner:innen des Quartiers den ganzen Film lang Buggin’ Outs Boykott von Sals Pizzashop nicht zustimmten, sind jetzt alle fassungslos. Als Mookie, der bei Sal als Lieferant angestellt ist, dann einen Mülleimer durch das Fenster des Ladens wirft, fangen auch die anderen an den Laden zu zerstören. Als der Film am nächsten Tag zu Ende geht, hört man in einem Radiobericht, dass der New Yorker Bürgermeister sich schockiert zur Zerstörung des Ladens geäussert hat, zum Tod von Radio Raheem wird jedoch nichts gesagt. Der Film endet mit zwei Zitaten von Martin Luther King Jr. und Malcom X und ihren Philosophien zu zerstörerischem Protest und einem Bild eines Handschlags der beiden Bürgerrechtführer.

Spike Lees Filme sind für ihre kompromisslose Abhandlung mit Rassimus in den USA bekannt. «Do the Right Thing» war erst Lees dritter Film und gilt heute als Klassiker. Es ist daher nicht verwunderlich, dass er als einer der Lieblinge des Publikums am FIFF gezeigt wurde. Der Humor und die für Lee bekannte Kameraführung machen den Film zu einem unterhaltsamen visuellen Meisterwerk. Doch wie in jedem vom Lees Filmen fehlt es nicht an kritischen Kommentaren zur amerikanischen Gesellschaft. Sal beteuert gegenüber seinem klar rassistischen Sohn Pino, dass sie den Laden im afroamerikanischen Viertel nicht aufgeben sollten, nur weil Pino nichts mit den Bewohner:innen des Quartiers zu tun haben will. Doch Sal ist nicht so progressiv, wie er sich gegenüber seinem Sohn gibt. Den ganzen Film durch zeigt er klare Vorurteile gegenüber seiner afroamerikanischen Klientel und als Radio Raheem zum Schluss des Films stirbt, kümmert sich Sal mehr um die Folgen der Zerstörung seines Ladens als um den Toten Radio Raheem.. Es wirkt, als ob Sal die afroamerikanischen Bewohner:innen des Quartiers nur duldet, solange sie bei ihm ihr Geld ausgeben. Dies wird dadurch unterstrichen, dass Sal der Auslöser der Prügelei ist, indem er Radio Raheem und Buggin’ Out rassistisch beschimpft, nachdem er das Radio kaputtgeschlagen hat.

Weiter zeigt Spike Lee in «Do the Right Thing» auf, wie in der amerikanischen Gesellschaft verschiedene Minoritäten gegeneinander ausgespielt werden. So beschweren sich drei ältere Männer vom Block den ganzen Film lang über ein koreanisches Ehepaar, das einen neuen Bodega aufgemacht hat. Nachdem Sals Pizzashop brennt, drehen sich die Bewohner:innen gegen den Bodega der Koreaner und wollen diesen auch in Brand setzen. Denn für sie ist der Laden ein Zeichen dafür,  dass Koreaner:innen besser behandelt werden als sie. Lee geht dabei auf die sogenannte Model Minority Myth ein. Kurzgesagt geht es dabei um ein soziologisches Phänomen, das dazu führt, dass bestimmte Minoritäten (vor allem asiatische Amerikaner:innen) aufzeigen sollen, dass die amerikanische Gesellschaft kein Rassismus oder Ungleichheitsproblem hat. Historisch wurde diese Model Minority Myth in der Bürgerrechtsbewegung dazu eingesetzt, um zu zeigen, dass es keine rassistische Unterdrückung gibt. In «Do the Right Thing» zeigt Lee, wie die Model Minority Myth verschiedene Minoritäten tatsächlich gegeneinander ausspielt und nur die Gruppen an der Macht davon profitieren. Der Song, den Radio Raheem den ganzen Film lang auf seinem Radio spielt, drückt dies direkt aus. Der Song «Fight the Power» von Hip-Hop Gruppe Public Enemy wurde extra für den Film geschrieben und dient als Leitmotiv. Regisseur Lee hat die Gruppe gezielt angefragt, den Song zu schreiben. Nach Erscheinen des Films wurde der Song zu einem Hit.

Seit der Veröffentlichung des Films im Jahr 1989 wurde Spike Lee immer wieder auf den Titel des Films angesprochen. Dabei war die häufigste Frage, ob Mookie, gespielt vom Regisseur selbst, am Ende das Richtige tut, indem er die Zerstörung vom Pizzaladen einleitet. Lee hat über die Jahre immer wieder beteuert, dass er von dieser Frage etwas enttäuscht sei. Die Frage, ob Mookie das Richtige tut oder nicht, sei für ihn irrelevant. Ausserdem macht der Oscargewinner klar, dass diese Frage ihm nur von weissen Menschen gestellt wird, nie von anderen POC-Menschen.

Den Film am FIFF im Kino zu sehen, war ein eindrucksvolles Erlebnis. Im Kinosaal wurde über den Humor gelacht und über fragwürdige Begebenheiten die Augen verdreht. Als dann aber die letzte viertel Stunde mit dem Eintreffen von Buggin’ Out und Radio Raheem im Pizzaladen anfing, wurde die Stimmung sofort bedrückt. Bis zum Ende des Films regte sich niemand im Publikum und die schockierenden Entwicklungen wurden voll aufgenommen. Die Thematik hat also auch 2024 einen Nerv getroffen.

«Do the Right Thing» ist ein Film, der in den 35 Jahren seit seiner Ersterscheinung nicht an Relevanz verloren hat. Es lässt sich einzig hoffen, dass die Gesellschaft die nötigen Fortschritte macht, damit er dies irgendwann tut.

 

Text Franziska Schwarz

Beitragsbild Festival du Film de Fribourg (FIFF)


Do the Right Thing

Land: USA

Regie: Spike Lee

Jahr: 1989

Dauer: 120 Minuten

FIFF-Kategorie: Cinéma de genre (II): Les désirs du public