Queere Charaktere in TV und Film sind heute keine seltene Erscheinung mehr. Doch trotz mehr Repräsentation im Filmgeschäft kommt Hollywoods Lieblingstrick immer noch zum Zug: Queerbaiting.
Viele haben den Ausdruck Queerbaiting schon einmal gehört und einige waren vielleicht schon mal Opfer davon. Doch was bedeutet der Ausdruck genau und welche Auswirkungen hat Queerbaiting auf das Publikum?
Queerbaiting: Eine kurze Geschichte
Kurz erklärt, bedeutet Queerbaiting nichts anders, als dass das Publikum mit der Referenz zu queeren Charakteren angelockt wird. Das kann Anspielungen auf die Sexualität von Charakteren sein, die jedoch nie definiert wird, oder das bewusste Einsetzen von queerem Subtext, der nicht in wirklichen Text umgewandelt wird. Queerbaiting unterscheidet sich von Dingen wie homoerotischem Subtext darin, dass Queerbaiting im Marketing eingesetzt wird. So kann Queerbaiting auch als Täuschung des Publikums gesehen werden und wird oftmals genau als dies wahrgenommen. Das Ziel ist klar: Mehr Publikum, vor allem LGBTQ+- Publikum, anlocken mit der Versprechung von queeren Stories oder Charakteren, ohne dies jemals zu liefern.
Queerbaiting ist eine beliebte Taktik zur Promotion von Film und Fernsehen, da es den Machern das beste Ergebnis erzeugt. Mehr Publikum, welches sich queere Repräsentation erhofft, anlocken und dabei das bestehende Publikum, vor allem das konservative Publikum, nicht zu vertreiben.
Von Supernatural bis Tatort
Der Grund, wieso es zu Queerbaiting kommt, ist eindeutig. Es soll mehr Publikum angezogen werden, welches ihr Geld mitbringt. Queerbaiting-Strategien waren vor allem in den 2010er Jahren sehr beliebt. Queere Repräsentation war zu dieser Zeit in TV und Filmen eher noch ein Tabu, doch das LGBTQ+-Publikum hatte damals schon viel Kaufkraft. Queerbaiting war die Lösung. Das Geld dieser Publikumssparte wurde gewonnen, ohne das Risiko von queerer Repräsentation wirklich einzugehen. Der Höhepunkt von Queerbaiting in den 2010er Jahren wurde vor allem im TV erreicht. Die Taktik wurde bei erfolgreichen TV-Shows wie Supernatural (CW) oder Sherlock (BBC) eingesetzt. Das Marketing für Sherlock suggerierte, dass es zu einer romantischen Beziehung zwischen Sherlock Holmes und Doktor Watson kommt. Dies geschah jedoch über die vier Staffeln der Serie nie.
Heute ist queere Repräsentation nicht mehr ein gleich grosses Tabu wie noch vor 10 Jahren. Trotzdem wird es von Hollywood immer noch als Risiko betrachtet. Viele TV-Shows fürchten sich vor dem Label «queer». Somit wird auch im heute diverseren Hollywood Queerbaiting nach wie vor eingesetzt. Doch Hollywood ist nicht allein beim Anwenden der Marketingtaktik. Auch im europäischen Filmgeschäft kommt Queerbaiting zum Zug. So hilft sich auch die deutsche Erfolgsserie Tatort mit Queerbaiting-Strategien, um ein jüngeres Publikum anzusprechen. Auf Social Media wird über die beliebten Teams aus Münster und Saarbrücken Queerbaiting Inhalte gepostet, welche in Interviews von den Schauspielern wiederholt werden. Doch weder Thiel und Boerne in Münster noch Schürk und Hölzer in Saarbrücken sind in der Show ausdrücklich queer.
Negative Folgen von Queerbaiting
Queerbaiting ist eine Marketingstrategie. Daher kann der Eindruck entstehen, dass es sich nicht von anderen Marketing-Strategien unterscheidet. Doch Queerbaiting kann negative Auswirkungen auf die mentale Gesundheit vom queeren Publikum haben. Queere Personen haben häufiger als heterosexuelle Menschen Probleme mit ihrer mentalen Gesundheit. Die Repräsentation in Medien kann dies zwar nicht beheben, es kann allerdings positive Auswirkungen haben. Das Versprechen, solche Repräsentation in einer TV-Show zu sehen, die dann nicht passiert, kann zu viel Enttäuschung, sozialer Isolation und Abwertung von queeren Menschen führen.
Eine andere negative Folge von Queerbaiting ist der Gebrauch des Ausdrucks selbst. Queerbaiting ist ein Vorwurf. Dies ist vor allem problematisch, wenn es dazu kommt, dass Personen vorgeworfen wird, die Taktik anzuwenden. Ursprünglich wurde Queerbaiting als Begriff nur in Bezug auf Medien verwendet, doch es hat sich so entwickelt, dass auch echte Personen Queerbaiting-Vorwürfe erhalten. So haben Prominente wie Harry Styles, aufgrund seines Kleidungsstiles und Billie Eilish, wegen ihrem Musikvideo für den Song «Lost Cause», in den letzten Jahren immer wieder QueerbaitingVorwürfe bekommen. Der Anspruch, dass diese Personen der Öffentlichkeit klare Antworten in Bezug auf ihre Sexualität geben müssen, ist problematisch und regressiv.
Queerbaiting wird gerne und oft eingesetzt. Das kann enttäuschend sein, doch heute gibt es viele gute TV-Shows und Filme, die wirkliche queere Repräsentation enthalten. Eine Strategie, um gegen Queerbaiting vorzugehen, ist daher, nicht mit diesen Inhalten zu interagieren, sondern Medien zu unterstützen, denen Repräsentation ein Anliegen ist.