Fettige Tiefkühlkost und unterdurchschnittlicher Service machen das Restaurant Soul Kitchen von Zinos Kazantsakis aus. Restaurant ist hier ein sehr breit gefasster Begriff. Und obwohl Zinos als Koch nicht viel taugt, steckt er volle Leidenschaft in seinen Laden. Doch dies gestaltet sich immer schwieriger, als seine Freundin als Auslandkorrespondentin nach China muss und sein Bruder, der im Gefängnis sitzt, ihn um einen Job bittet, um täglichen Ausgang aus dem Gefängnis zu erhalten, während ein exzentrischer Koch in seinem Restaurant zu arbeiten beginnt, damit Zinos der Liebe nach Singapur folgen kann. Was folgt, ist ein Film voll Absurdität und Chaos. Ein absoluter Hit!
Der Film Soul Kitchen, auch Name des zentralen Restaurants im Film, wird am FIFF in der Kategorie Genrekino gezeigt. Diese soll Filme rund um Kulinarik hervorheben. Darunter eben auch Soul Kitchen von Fatih Akin. Eine gute Wahl des FIFF, wenn die Vorstellung, die ich besucht habe, als Massstab genommen wird. Der Kinosaal am Montagabend war ausgebucht, was das Filmerlebnis noch bereicherte. Im ganzen Raum wurde gelacht und auf die Handlungen der Charaktere reagiert. Diese reichten von witzig bis unglaublich chaotisch, und dennoch in der Logik des Films verankert. Das war ein Aspekt des Films, der mir sehr ins Auge gestochen ist. Der Film spielt zwar im realen Hamburg, die Figuren sind aber wie aus einer Fantasiewelt herausgehoben. Vom blondierten Bösewicht, der beim Poker das Restaurant gewinnen will, bis hin zum messerwerfenden Chefkoch: Alle Figuren sind stark stilisiert. Doch das verhindert nicht, dass sich das Publikum leicht in den Film hineinversetzten kann. Ein Pluspunkt, denn so können die Charaktere schnell in extrem absurde Situationen gelangen, ohne dass man als Zuschauer*in hinterfragt, wie das Sinn ergeben soll. Der Running Gag, nachdem sich Protagonist Zinos zu Beginn des Films eine Rückenverletzung holt und nachher immer wieder komisch läuft, würde ohne die stilistische Wahl nicht funktionieren. Der Höhepunkt dieses Teils der Geschichte verrate ich hier nicht, den muss man selbst gesehen haben, um es zu glauben.
Auch wenn einige unglaublich absurde Geschehnisse den Film ausmachen, fehlt es nicht an Emotionen und Seele. Das ist einerseits einem tollen Ensemble geschuldet, welches die Figuren mit Leben füllen. Andererseits hat die Geschichte im Herzen des Films viel zu bieten. Zinos will seinem Herzen folgen. Nur ist er sich nicht sicher, ob sein Herz mit der Freundin in China liegt oder in seinem Restaurant. Sein Bruder Illias spielt gegen aussen den Macho, schämt sich jedoch eigentlich für seinen Aufenthalt im Gefängnis und will sich bessern, weiss einfach nicht wie. Und das sind nur zwei Beispiele aus der vielfältigen Ansammlung von Charakteren. Einzig der exzentrische, messerwerfende Chefkoch Shayn erhielt nicht viel Tiefe, trotzdem funktioniert seine Figur deshalb nicht weniger gut als die anderen. Auch die Frauencharaktere hätten meines Erachtens noch von mehr Aufmerksamkeit profitieren können. Das ist wohl der Tatsache geschuldet, dass der Film vor über 10 Jahren erschienen ist, als die Geschlechtergleichstellung noch nicht dieselbe Relevanz hatte wie heutzutage.
Obwohl man sich relativ schnell denken kann, was in der Handlung passiert, kann man kaum erraten, wie die einzelnen Handlungsstränge zu ihren Enden finden. So löst Zinos im Film seine Probleme mit dem Finanzamt nicht nur, indem er das nötige Geld erarbeitet, sondern der Beamtin auch ein Dessert mit Aphrodisiakum gibt. Diese und weitere Begebenheiten sorgen für ein abwechslungsreiches Filmerlebnis. Zeitweilen kann das Ganze zwar sehr wild werden, doch die eineinhalb Stunden Spielzeit sind purer Spass und Unterhaltung.
Soul Kitchen ist chaotisch und absurd, so wie Zinos Gerichte zu Beginn des Films. Lässt man sich jedoch darauf ein, findet man viel Seele und Sorgfalt. Und beim Film, anders als im gleichbetitelten Restaurant, braucht man dafür keinen messerwerfenden Koch.
Text: Franziska Schwarz
Beitragsbild: FIFF
Soul Kitchen
Land: Deutschland, Frankreich, Italien
Regie/Drehbuch: Fatih Akin
Jahr: 2009
Dauer: 99 Minuten
FIFF-Kategorie: Genrekino (I): Guten Appetit!