Vor ein paar Jahren sagte mir eine Freundin, ihr Mr. Perfect solle so richtig männlich sein, charmant und ganz ohne testosterongesteuertes Machogehabe – halt ein Mann und keine Memme. Sie weigerte sich konsequent, ihr damaliges Anhängsel als Freund zu bezeichnen: „Ist einfach mein Typ, wenn du ihn unbedingt benennen willst.“ Diesen Typen hatte sie irgendwo aufgegabelt und genauso schnell wieder fallen lassen. Einige Zeit später rief sie mich an: „Ach, ich bin so glücklich! Der Pascal ist so cool! Er hat den Kilimandscharo in zwei Stunden bestiegen, drei Wochen in der Wildnis überlebt, ist semiprofessioneller Surfer und studiert nebenbei noch Medizin.“ – Klar, etwa so glaubwürdig wie Fischer, die von ihrem Fang erzählen. Ich freute mich natürlich über den Fang – Entschuldigung, Freund – meiner Freundin. Denn trotz der ausufernden Beschreibung klang dieser Pascal doch nach einem echten Mann.

Dies war das letzte Mal, das ich von ihm als Pascal hörte. Danach ging das los, was oft unverständlich und doch deutlich absehbar ist: Pascal durchlief eine Metamorphose vom coolen Surfer über Schatz, Schatzi, Goldjungen, Zuckerbären bis hin zum Honey Babe (da waren sie im Hawaii-Urlaub) und endete schliesslich als Surferbubileinchen. Bubileinchen? Ich dachte, meine Freundin wolle einen Mann!

Die Metamorphose vom stählernen Traumprinzen hin zum Teddybären durchlaufen nur allzu viele. Anfänglich weigert sich frau, auch nur irgendjemanden an ihrer Seite als Freund zu bezeichnen, doch wenn der Traumprinz dann auftaucht, heisst er schon bald nicht mehr nur Freund, sondern Bärchen oder Schatz.

Höre ich den Kosename Schatz, kommt mir, neben meinem angeborenen Fluchtinstinkt, unweigerlich das Bild eines Mannes aus den fünfziger Jahren in den Sinn: „Schatz, ich bin zu Hause!“ Die tüchtige Hausfrau hat für ihren Herzallerliebsten bereits das dampfende Abendessen auf den Tisch gestellt: Kartoffelstampf, dazu Kalbsraten und drei Sorten Gemüse – der hartarbeitende Gemahl soll ja auch gesund bleiben – und zum Nachtisch eine perfekt glasierte Crème brûlée. – Nichts gegen ein gutes Abendessen, das man für seinen Partner zubereitet. Aber.

Verniedlichungen wie Bärchen mögen erst einmal ganz lieb klingen – wenn man die doch etwas zähe Schleimspur unbeachtet lässt, dieses „Du gehörst mir“, das in solchen Kosenamen mitschwingt, verschlimmert die Sache zusätzlich. Denn nur in den seltensten Fällen ist ein Kosename keine verbale Herabsetzung oder gar Besitzanzeige, sondern schlicht ein Name, der die Zuneigung zum Partner oder zur Partnerin ausdrückt. Ja, auch Männer geben ihren Partnerinnen solche Namen, und ich gehe an dieser Stelle bewusst nicht weiter darauf ein. Ihr könnt euch vorstellen, was ich davon hielte, wenn ich als Bärchen angesprochen würde… genau!

Was ich mir also für einen Traumprinzen wünsche? Einen Mann, kein Honey Babe!

Simone Frey