Was haben Online–Verkäufe und Facebook-Likes gemeinsam? Sie sammeln Daten über den Nutzer. Was hat es mit Big Data und Macht in digitalen Technologien auf sich?
Big Data ist kein wissenschaftlich definierter Begriff, sondern ein beliebtes Schlagwort. Ramon Reichert, der Herausgeber des Buches „Big Data“, spricht von einem Sammelbegriff für digitale Technologien. Digitale Technologien sind laut ihm nicht mehr neutrale Übermittler von Informationen, sondern Akteure, die sich in gesellschaftliche und politische Themen einbringen. Wolfie Christl, Mitgründer des Forschungsinstituts „Cracked Labs“, beschreibt Big Data als Datenmengen, die zu komplex, schnelllebig und gross sind, um sie mit herkömmlichen Methoden auszuwerten.
Big Data ist also ein kontextabhängiges Wort. Fest steht aber: Daten sind das Gold des einundzwanzigsten Jahrhunderts, grosse Datensammlungen verleihen Unternehmen wie Google extrem viel Macht.
Cookies und Co.
Google orientiert sich an seinem alten Motto „Don’t be evil“. Seit 2015 ist Google ein Tochterunternehmen der Firma Alphabet. Deren Motto lautet ähnlich: „Do the right thing.“ Google argumentiert, dass man mit der Datensammlung die Dienste verbessere, relevantere Werbung einblende und Nutzerinnen und Nutzer vor Betrug schütze. Wie Google seine Daten nutzen darf, kann individuell von den Konsumentinnen und Konsumenten eingestellt werden. Unter anderem kann man auch Einstellungen für Cookies, kleine Dateien mit Informationen zu den Besuchen auf Webseiten, vornehmen. Cookies sind dafür verantwortlich, dass man genau jene Sneakers als Werbung sieht, die man sich zuvor in einem Online-Shop angeschaut hat. Durch den Besuch der Sneakerseite kann Google personalisierte Anzeigen schalten. Diese unterliegen allerdings Beschränkungen. Zum Beispiel dürfen Werbetreibende keine Zielgruppe aufgrund sensibler Informationen auswählen – dazu gehören unter anderem gesundheits- und religionsbezogene Daten. Google sagt, es würden niemals ohne ausdrückliche Zustimmung personenbezogene Daten wie E-Mails an Publisher weitergegeben. Publisher sind Leute, die Plattformen für die Werbung der Werbetreibenden anbieten. Werbetreibende erhalten ebenfalls keine personenbezogenen Daten.
Datengetriebene Psychologie
Daten können auch im politischen Kontext verwendet werden. Die Firma Cambridge Analytica baut auf den Methoden der Psychometrik, datengetriebener Psychologie, auf. Die Firma analysiert Persönlichkeiten anhand des OCEAN-Modells; ein Akronym für das Big Five Persönlichkeitsmodell, das sich aus Openness, Conscientiousness, Extraversion, Agreeableness und Neuroticism zusammensetzt. Anhand der Analyse präsentiert die Firma dann Benutzern massgeschneiderte Werbung. Alexander Nix, CEO von Cambridge Analytica, definiert Big Data als eine Anhäufung von möglichst vielen Datenpunkten. Dadurch kann man Menschen spezifisch auf ihr psychografisches Profil hin anwerben. Diese Methode unterscheidet sich von der herkömmlichen Massenwerbung, die sich auf geografische und demografische Angaben stützt. Datenpunkte werden erhoben, wenn man fernsieht oder im Internet surft. Wie die Datenpunkte im Internet gesammelt werden, ist unklar – vor allem, da Google als meistgenutzte Suchmaschine schreibt, sie verkaufen keine Daten. Cambridge Analytica hat gemäss BBC mit Donald Trump sowie einer Pro-Brexit-Kampagne gearbeitet. Es ist jedoch umstritten, wie gross der Einfluss der Big Data-Analysen und deren Anwendung auf politische Ergebnisse ist.
Umgang mit Daten
In einer Zeit, in der die digitale Welt so wichtig geworden ist, dass man darüber spricht, ob Internetzugang ein Menschenrecht sein sollte, ist es schwierig, sich dieser Welt zu entziehen. Als Faustregel dafür, was man ins Netz stellt, gilt: Inhalte wie Postkarten behandeln. Niemand wird sie lesen, aber alle könnten es. Jedoch sind Daten an sich kein Gold wert, sondern erst deren Vernetzung. Wie diese Vernetzungen und Netzwerke in der Zukunft genutzt werden, bleibt offen. Wichtig ist, dass mit der digitalen Revolution Datenschutz und Privatsphäre mehr diskutiert und strenger reguliert werden. Sonst katapultiert uns der Gold Rush der Daten zurück in den Wilden Westen.