Am Freitag, den 15. März 2019, fand der erste „Friday for future“, eine Bewegung, die Schülerinnen und Schüler dazu auffordert, am Freitag für eine bessere Klimapolitik zu streiken, statt. Wie ihr Vorbild Greta Thunberg, die 16-Jährige Aktivistin aus Schweden, versammelten sich in Freiburg auf dem Georges-Python-Platz Tausende von Menschen, um beim Umzug mitzumarschieren. Spectrum war mit dabei.
Die Veranstaltung fängt um halb zwei Uhr nachmittags auf dem Georges-Python-Platz an. Vom Pavillon aus wird Musik abgespielt und die Atmosphäre ist spürbar elektrisiert. Die meisten Anwesenden sind minderjährig, manche sind sogar mit ihren Lehrpersonen gekommen. Zum Beispiel Amir, Guy und Daniel, deren Lehrer den Ausflug zum Klimastreik organisiert hat. Auf die Frage, weshalb sie an diesem Freitagnachmittag anwesend sind, antwortet Amir: „Weil die Umwelt immer wärmer wird, und mir das Sorgen macht. „
Unterstützung für die jüngere Generation
Mehrere Familien sind auch dabei: Sophie Schneider ist mit ihren Kindern mitgelaufen, dem zehnjährigen Samuel und der zwölfjährigen Lisa. Für Sophie ist es wichtig, den Jungen zu zeigen, dass die Älteren sie unterstützen. Sie bezeichnet sich selbst nicht als „Militante“, jedoch versucht sie, mit kleinen Gesten der Umwelt zu helfen. Auch hegt Sophie die Hoffnung, dass solche Demonstrationen einen Einfluss auf Politikerinnen und Politiker ausüben: Es brauche Gesetze im Industrie- und Transportwesen, damit wirklich etwas geschehe.
Julie, 19 Jahre alt, fordert die Anwesenden auf, den Banner zu unterzeichnen, der beim Umzug ganz vorne gehalten werden soll. Sie ist Repräsentantin für die Fachhochschule Westschweiz (HES-SO) und somit zuständig für das Weiterleiten von Informationen über den Klimastreik an die HES-SO. „Ich bin hier, um mein Recht auf freie Meinungsäusserung geltend zu machen. Und um mich mit ganz vielen anderen Leuten zu versammeln, die für diese Sache, die Ökologie, motiviert sind, welche so dringend ist wie noch nie.“ Wie viele Personen am Marsch teilnehmen werden, weiss sie noch nicht, hofft jedoch auf noch mehr Teilnehmende bis zum Startschuss des Umzugs.
Der Klimanotstand wird gefordert
Es ist 13:40 Uhr, nun fängt die Aufwärmphase an: Auf Deutsch und Französisch werden den Teilnehmenden Slogans beigebracht, die anschliessend beim Lauf skandiert werden. „On est plus chaud, plus chaud, plus chaud que le climat!“, rufen Hunderte von Menschen, während eine Drohne über ihre Köpfe fliegt. „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut“, tönt es weiter, bis das Organisationsteam die Rede ergreift. Es geht um Hoffnung, Resilienz, Zusammenarbeit und um die Forderung, dass Freiburg, wie es Basel getan hat, den Klimanotstand ausrufen soll. Als erwähnt wird, dass über hundert Länder bei dieser Bewegung mitmachen, ist immenser Jubel im Publikum zu hören. Kurz vor 14 Uhr werden die Anwesenden aufgefordert, abzusitzen und ihre Augen kurz zu bedecken. Dies soll die Blindheit der Politik symbolisieren.
Um Punkt 14 Uhr laufen alle los, zuerst die Rue Saint-Michel rauf und Richtung Miséricorde, wo die Demonstrierenden an der Kaufmännischen Berufsfachschule vorbeilaufen. Die Schüler und Schülerinnen, die nicht am Streik teilnehmen konnten, jubeln aus den Fenstern ihren Kameradinnen und Kameraden zu
„Demos sind nicht so mein Ding“
Als es wieder Richtung Georges-Python-Platz geht, versammeln sich Schaulustige in der Nähe des Umzugs. Eine Gruppe von drei Studierenden diskutiert amüsiert über die Schilder der Demonstrierenden. Sie sind sich jedoch unschlüssig, was sie von den Streiks halten sollen. Émile findet die Demonstrationen grundsätzlich gut, jedoch hat die Sache für ihn einen Haken: „Mich stört das Streikrecht der Studierenden im Gymnasium, die nicht für das Gymnasium bezahlen, und sich selber erlauben, zu gehen.“ Zudem findet er es wichtig, die Schulen nicht zu politisieren, vor allem im obligatorischen Schulalter. Guy hat ein Problem mit der Scheinheiligkeit der Bewegung: „Ich finde, es bleibt hypokritisch, wenn viele Junge sich persönlich keine Mühe machen. Es ist gut und wichtig, demonstrieren zu gehen, da bin ich einverstanden. Aber dann sollte man nicht am gleichen Abend drei Paar Schuhe auf Zalando bestellen“, sagt er. Auf die Frage, wieso sie nicht am Streik teilgenommen haben, zögern die Studierenden. „Demos sind nicht so mein Ding. Ich ziehe es vor, mich persönlich zu bemühen“, meint schließlich Kevin.
In dieser Zeit ist der Umzug bis zum Rathausplatz weitergezogen, wo die Veranstaltung ihr Ende findet. Auf Anfrage von Spectrum schätzt das Organisationsteam des Freiburger Umzuges die Teilnehmeranzahl auf zweitausend Menschen. Schweizweit gingen etwa 66’000 Menschen auf die Strasse, unter anderem in Bern, Zürich, Lausanne und Basel. Die nächste Demonstration ist für den sechsten April geplant.