In der diesjährigen Sommerserie von Spectrum nehmen euch verschiedene Redakteurinnen und Redakteure mit und erzählen, was ihren Sommer ausmacht.

Fridolin, Herbert, die Todesschlange, der Flughund und wir: Das waren die Stichwörter des ersten Abends auf einem Bio-Bauernhof in Tasmanien. Eine Freundin aus Melbourne, Leyla und ich wurden zuvor von der Hofeigentümerin mit dem Truck aus einem Fünfzig-Seelen-Dorf abgeholt. Knapp zwei Stunden rumpelten wir über Stock und Stein. Irgendwann tat sich im Wald eine Lichtung auf, auf der ein grosses Anwesen und ein Schuppen standen. Der Schuppen stellte sich als unser nächtliches Quartier heraus. Unter dem Dach unserer „Residenz“ lag eine Matratze. Das Bett war voller Spinnen. Von einigen hiess es, ihr Biss sei tödlich. Wir gaben ihnen Namen, damit es nicht so gruselig war. Fridolin und Herbert waren von der Todesbiss-Fraktion. Direkt vor unserer Tür lebte ausserdem eine Schlange – „die dritt-tödlichste Schlange der Welt“, sagte die Bäuerin. Dann verflog sich in der ersten Nacht, sozusagen als Fauna I-Tüpfelchen, ein riesiger Flughund in unser Kämmerchen und flatterte handbreit vor unseren Köpfen herum.

Hüpfend kamen wir am Morgen aus unserem Schuppen – es sollte die Schlange an unsere Existenz erinnern ohne sie zu erschrecken. Kurz darauf sauste der Spaten in den Boden. Dreissig Zentimeter tief sollten wir die Löcher graben und einen Meter breit. In die Löcher wurden später Blumen gepflanzt. Damit die zarten Pflänzchen nicht überwuchert wurden, legten wir die Erde mit bunten Packmaterialien und Karton aus.

Am Abend holperten Pickup-Trucks heran. Menschen stiegen aus, die den gleichen Lebensstil zu führen schienen, wie unsere Gastgeber: Alle waren bunt angezogen, die Haare flatterten im Wind und ein Gast befolgte eine sehr naturalistische Herangehensweise an die Kleidung mit dem Motto „weniger ist mehr“. Die Gäste versammelten sich auf der Terrasse und kramten ihr „grünes, selbstangebautes Glück“ aus ihren Taschen heraus. Easy-going, dachte ich, wie so oft in Australien. Cannabisbesitz kann mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden. Davon unbeeindruckt, zog der Rauch nach oben, vor uns hüpften Kängurus und Leyla und ich schlürften an selbstgebrauten Ginger Beer. Die Laune der Gäste stieg mit jedem Zug an ihren Kräutern. Es dauerte nicht lange, bis sie ihre Musikinstrumente hervorholten und eine gute Stimmung verbreiteten.


WWOOFing auch in der Schweiz
Fremd kann auch nah sein. WWOOFing ist eine Organisation, gegründet im Jahr 1971 von einer Londoner Städterin, die am Wochenende auf dem Land leben und das Hofleben kennenlernen wollte. Die Idee verbreitete sich schnell in sechzig Ländern. Mit allen Höfen verbindet sich die Philosophie, Freiwillige für Kost und Logis aufzunehmen und Ihnen Erfahrungen und Wissen über biodynamische Landwirtschaft aus erster Hand zu vermitteln. Es soll ein umweltschonender Lebensstil vorgelebt und ein Netzwerk innerhalb der ökologischen Bewegung aufgebaut werden. Die Schweiz hat viele Höfe, die sich auf Freiwillige freuen: stadtnah und auch in den Alpen. Ein Aufenthalt ohne Todesspinnen und Schlange wäre sicherlich für die nächsten Ferien eine entspannende Alternative – vielleicht für den Anfang.


Text und Bild: Larissa Fricke

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