«So romantisch, so nachdenklich, was für ein Weib.» So beschreibt Sophie Passmann das Selbstbild von Frauen, die einen Strauss Trockenblumen im Badezimmer stehen haben und es zwar nächstes Jahr gerne nochmals mit der Geschlechtergerechtigkeit versuchen würden – es halt aber einfach schwer sei.
Die deutsche Satirikerin und Autorin Sophie Passmann hat nach ihrem Erfolg «Alte weisse Männer» einen weiteren Bestseller geschrieben. In ihrem neu erschienenen Buch «Komplett Gänsehaut» knüpft sie sich ihre eigene Kohorte vor: Bürgerliche Millennials, die in gentrifizierten Vierteln wohnen und nicht durch den Abend kommen, ohne die Worte «Körperlichkeiten» oder «problematisch» von sich zugeben. Wer jetzt denkt, sie seien damit nicht gemeint, freut sich höchstwahrscheinlich zu früh. Passmann ist in ihrer Abrechnung mit der jüngeren Generation überaus gründlich. Detailreich zerschlägt sie mit ihrer scharfen Zunge jegliche Restillusion von Individualität.
Gerade weil Passmann sich selbst zu dem von ihr beschriebenen unerträglichen Milieu zählt, schafft sie es, den Finger genau dort hinzuhalten, wo es weh tut. Wie sie selbst sagt «Wir sind übrigens lange über den Punkt hinaus, dass wir uns hier jetzt noch über Jutebeutel lustig machen.» Die «Sophie im Buch», wie Passmann die Erzählfigur nennt, reisst einen mit ihrem Redeschwall mit auf eine Reise durchs Erwachsenwerden. Durch die eigene Wohnung mit erschreckend hohem Wiedererkennungswert, durch ein Deutschland, wo mit den Augen der Erzählfigur überall Klassenhass und Reste des Nationalsozialismus auszumachen sind und schlussendlich zurück ins biedere Elternhaus, wo man eigentlich auf keinen Fall landen wollte.
Der Ton der Erzählerin trieft von Zynismus und radikaler Anti-Haltung gegen ihr Umfeld und gegen sich selbst. Mit der Wahl dieses Stils entlarvt Passmann den Selbstfokus der Jugend und deren Grundsatzeinstellung, alles erst einmal doof zu finden. Ihre Kritik liefert sie in seitenlangen Sätzen, was der ganzen Suada die Flüssigkeit eines Poetry-Slams verleiht.
Passman bereitet grossen Spass, wenn man sich in ihren Erzählungen wiedererkennt, und bringt umso mehr Erleichterung, wenn man es nicht tut. Man fragt sich dann zwar, ob man sich vielleicht selbst belügt, aber die Konfrontation mancher Dinge verschiebt man dann doch lieber auf morgen.