Masato arbeitet mit seinem Vater in dessen Ramen Laden. Als nach einem unerwarteten Unfall sein Vater verstirbt, macht sich Masato auf, um mehr über seine Familie, vor allem die seiner bereits verstorbenen Mutter herauszufinden. Dies führt ihn auf eine Reise in die Vergangenheit seiner Eltern mit überraschenden Wendungen und viel Essen.

 

Ramen Shop (im Original Ramen Teh) von Regisseur Eric Khoo ist eine ruhige und überlegte Auseinandersetzung mit (besonderen) Familiendymaniken und den damit verbundenen Traumata. Obwohl der Einstieg in den Film ohne viel Hilfestellung für das Publikum geschieht, heisst, die Zuschauer*innen erhalten wenige Informationen über Masato und seine Eltern, hindert das den Film nicht daran die Zuschauer*innen in den Film hineinzuziehen. Es unterstützt den Film und seine Themen nur noch mehr. Genau wie Masato wissen die Zuschauer*innen nicht, was mit seiner Mutter genau war, sie wissen nur, dass sie gegen Ende ihres Lebens sehr traurig und wehmütig war. Dasselbe bei seinem Vater: Bis auf dessen distanziertes Verhalten zu Masato zu Beginn des Filmes wird nicht viel mehr über ihn gezeigt. Als Masato im Verlauf des Films mehr über seine Eltern herausfindet, ist man als Zuschauer*in mit ihm zusammen mittendrin. Die Informationen, die ihn schockieren oder erfreuen, lösen beim Publikum dieselben Emotionen aus. Das Familiendrama findet seinen Höhepunkt, als Masato seine Grossmutter mütterlicher Seite trifft. Diese hatte ihre Tochter, Masatos Mutter, verstossen, da sie sich als Chinesin in Singapur in einen Japaner verliebte. Das komplexe Familiengebilde und vor allem die Beziehung zu vergangenen kolonialen Geschehnissen in der Region fand ich sehr spannend und emotional geladen. Man fühlt mit, wenn die einzelnen Familienmitglieder, teilweise auch mit Rückblenden, mit diesen schwierigen Bedingungen umgehen müssen. Es wird der Eindruck vermittelt, einen intimen Einblick in eine Familie zu bekommen.

Da das FIFF dieses Jahr unter dem Thema «Film und Kulinarik» steht, muss ich auch noch auf das Essen im Film zu sprechen kommen. Dieses spielt im Ramen Shop eine grosse Rolle. So versucht Masato seinen Onkel aufzuspüren, da er sich erinnert, mit seiner Mutter in dessen Restaurant gegessen zu haben. Dieses Gericht, eine Rippchensuppe namens bak tuk teh spielt während des ganzen Films eine bedeutende Rolle. So war es auch dieses Gericht, das Masatos Vater im selben Restaurant bestellt hat, als er seine zukünftige Frau kennenlernte. Ausserdem stellt der Film mit dem Essen eine interessante These auf: Die zersplitterte Familie findet mit Hilfe der Gerichte aus ihrer Vergangenheit wieder zueinander. Das Essen ist daher der Schlüssel zur familiären Erinnerung und der Überwindung der schmerzhaften Aspekte der Vergangenheit. Die Versöhnung am Ende des Films in Form einer Ramen Suppe, welche die beiden Nationalitäten von Masatos Eltern verbindet, ist zwar nicht sehr überraschend, funktioniert im Rahmen dieses Films jedoch sehr gut. Das Essen als Schlüssel zur Versöhnung ist zwar etwas klischeehaft, jedoch kann man darüber hinwegsehen, als Masato und seine Grossmutter voller Liebe zusammen eine Schüssel Suppe zubereiten und dadurch zueinander finden.

 

Ramen Shop ist ein ruhiges und langsames Filmerlebnis. Wie eine Suppe in Masatos Ramen Laden, den er am Ende des Films neu eröffnet, braucht es Zeit, bis sich die einzelnen Aspekte des Films entfalten. Das Endergebnis sind vielseitige und geschmacksvolle eineinhalb Stunden, die einen mit demselben warmen Gefühl erfüllt wie eine wohltuende Suppe.

 

Text: Franziska Schwarz

Beitragsbild: FIFF


Ramen Shop (Ramen Teh)

Land: Japan, Singapur, Frankreich

Regie: Eric Khoo

Jahr: 2018

Dauer: 90 Minuten

FIFF-Kategorie: Genrekino (II): Die Lieblinge des Publikums