Ein Interview mit der Schauspielerin Tamara Hofer.

Im satirischen Theaterstück Top Dogs von Urs Widmer dreht sich alles um Topmanager, welche ihren Job verlieren und daraufhin psychologische Unterstützung benötigen. Die Schauspielerin Tamara Hofer erzählt von ihren bisherigen Erfahrungen in der Theaterszene, von ihrer Rolle im Stück und vom Aussergewöhnlichen am Theater Matte.

 

 

Was ist deine persönliche Verbindung zum Theater?

Meine Leidenschaft für das Theater ist nicht in Worte zu fassen. Ich bin vom Schultheater dazu gekommen, dachte jedoch zuerst, ich sei nicht gut genug. Erst als mich mein Sekundarlehrer, nennen wir ihn meinen «Theaterpapi», in der 7. Klasse pushte und sogar eine Rolle für mich schrieb, fing ich an, mir das Schauspielern zuzutrauen. Er war es, der mich überzeugte, für das Musical Crossing Rivers vorzusingen, und mich dazu veranlasste, nach der obligatorischen Schulzeit mit dem Theater weiterzufahren. Mittlerweile spiele ich so gerne, dass ich in den Pausen zwischen den Projekten immer kribbelig werde und kaum erwarten kann, dass es wieder losgeht.

Was ist dein Ziel als Schauspielerin?

Der Traum wäre, von der Schauspielerei zu leben. Mein Ziel ist jedoch, nie die Freude daran zu verlieren. Aus diesem Grund habe ich mich noch nicht getraut, an einer Theaterschule vorzusprechen – nicht aus Angst vor Zurückweisung, sondern aus Angst vor einer Zusage. Ich weiss nicht, ob ich dann das Schauspiel als ein Muss empfinden würde. Im Moment absolviere ich eine Ausbildung zur Sekundarlehrerin und sehe darin Parallelen zum Theater, die ich gut in dieser Tätigkeit gebrauchen kann.

 

Wie physisch und psychisch anstrengend ist für dich das Theater?

Ich und mein Körper müssen ein gutes Team sein. Ausdruck hört nicht im Gesicht auf. All die vielen nonverbalen Zeichen, die Menschen unterbewusst ausüben, will ich als Schauspielerin bewusst verstehen. Bei jeder neuen Produktion steht ein «Sich-wieder-aneinander-Gewöhnen» mit meinem Körper an.

 

Ist dir eine Rolle einmal mental zu nahe gegangen?

Ja, die Rolle als Peer Gynt im Gymnasium, da er ein absoluter Kotzbrocken ist. Ich musste Zugang zu einer Figur finden, die unangemessene Dinge ausspricht und sich übergriffig verhält. Anfangs entschuldigte ich mich nach Verlassen der Bühne bei meinen Kollegen und Kolleginnen. Erst als ich verinnerlicht hatte, dass ich nun einmal einen Dreckskerl spielte, fing es an, richtig Spass zu machen.

 

In Top Dogs spielst du die Psychologin Jenkins, die durch die Handlung führt und als einzige Figur ihren Job nicht verliert. Was stellt das Herausfordernde an der Rolle dar?

Ach, diese Jenkins.  Sie ist ein wahrer Businessmensch, professionell und zackig. Den Text zu verinnerlichen, ging schnell. Aber ich als «hüpfiger» und «locker-flockiger» Mensch tauche in einen komplett gegensätzlichen Charakter ein. Es fällt mir leichter, hässige, krasse Rollen zu spielen als eine solch seriöse Dame. Es braucht noch Zeit, bis meine Gefühle mit denen von Jenkins übereinstimmen.

 

Was ist das Besondere am Theater Matte?

Die Stücke werden auf Mundart aufgeführt und wenn möglich an die Stadt Bern angepasst. Wenn beispielsweise ein Fluss im Stück vorkommt, ist es sicherlich die Aare. Dadurch haben Zuschauende einen leichteren Zugang. Ausserdem verspüre ich schon in meiner ersten Saison ein krasses Familiengefühl. Ob vor, auf, hinter der Bühne oder im Büro: Es herrscht eine wohlige Stimmung mit viel Liebe und Witz untereinander. Ich fühle mich sehr aufgenommen in der kleinen Matte-Familie.

Top Dogs ist ein Stück über «Top Dogs» und nicht, wie so oft, über «Underdogs». Wieso ist dieses Theaterstück relevant?

Ja, es ist ein Stück über Reiche-Leute-Probleme, über Geldverdiener der höchsten Klasse. Der Fokus des Stücks liegt jedoch auf dem Menschen und nicht auf seinem Reichtum. Ausserdem widerspiegelt es die Realität: Ich höre vieles über «grobschlächtige Chefs», die sich übel benehmen, da sie eine höhere Position innehaben. Top Dogs zeigt auf, was mit Menschen passiert, welche von ihrem Thron gestossen werden und ihr Überlegenheitsgefühl verlieren. Es ist nötig, dass es berufliche Hierarchien gibt, aber leider gaukeln die oft eine soziale oder gesellschaftliche Ordnung vor. Ich weiss, dass dieses Theaterstück Zuschauende zum Lachen, aber auch zum Nachdenken anregen wird. Und das soll es auch.

 

Text Yaëlle Binggeli
Foto
Lea Moser


Weitere Infos zu den Spieldaten und Tickets sind auf der Webseite des Theater Matte zu finden.

https://theatermatte.ch/programm/saison-23-24/top-dogs/