Demokratie wird als die ideale Staatsform empfunden. Seit Jahrhunderten kämpfen Bevölkerungen verschiedenster Staaten dafür, ihre Regierungen in Demokratien umzuändern. Egal ob die Französische Revolution, der Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg oder die Demokratisierung in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, das Recht auf Demokratie wurde weltweit bitterlich erkämpft. Nicht so aber in Bhutan. Dort hat im Jahr 2006 der König freiwillig abgedankt und das Land ohne Revolution oder Aufstände zu einer Demokratie erklärt. Wie die Menschen darauf reagiert haben, wird im Film The Monk and The Gun auf lustige und (zugleich) kritische Art dargestellt.

Der Film von Regisseur Pawo Choyning Dorji, gebürtiger Bhutaner, wird am FIFF in der Wettbewerbskategorie «Langfilme» gezeigt. Wie der Titel schon vermuten lässt, spielt eine bestimmte Waffe eine zentrale  Rolle. Bei der Waffe handelt es sich um eine Antiquität aus dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, die sich aus unerklärlichen Gründen im ländlichen Ort Ura befindet. Der Lama dieser Region schickt seinen jungen Mönch Tashi los, um für ein grosses Fest beim Vollmond in wenigen Tage zwei Gewehre zu besorgen. Am Tag des Vollmonds wird nicht nur das Fest gefeiert, sondern es ist gleichzeitig der Tag, an dem im ganzen Land Probewahlen durchgeführt werden. Darauf hält sich die Vorfreude im ländlichen Ura in Grenzen, weshalb die oberste Wahlbeauftragte in das Dorf geschickt wird. Zur selben Zeit macht sich ein amerikanischer Waffenhändler auf, um das schon erwähnte Gewehr für einen Sammler in Amerika zu ergattern. Perfekt wird das Chaos, als der junge Mönch das Gewehr zu seinem Lama bringt, die Polizei auf der Suche nach dem Waffenhändler in das Dorf kommt und all das, währenddem die Regierung probiert den Dorfbewohner:innen zu erklären, wie man wählt.

The Monk and The Gun bietet eine lustigen aber nicht weniger aussagekräftigen Blick auf Modernisierung, Demokratie und die Faszination für  Waffen. So wird sehr schnell klar, dass Tashi noch nicht mal weiss, wie die Waffe, die er besorgen soll, überhaupt aussieht. Zum ersten Mal sieht er ein Gewehr in einem Werbesport für einen James-Bond-Film. Deshalb setzt er sich in den Kopf, er müsse für seinen Lama am besten zwei Kalaschnikows organisieren. Die Geschichte des Mönchs und des Waffenhändlers, der ihm  die Waffe abkaufen will, wird durch die Hintergrundgeschichte der Einführung von Demokratie meisterhaft unterstrichen. Die Menschen in Ura wollen die Demokratie gar nicht. Nicht, weil sie alle extrem traditionell sind. Sie sehen einfach nicht ein, wieso dieses neue System sie glücklicher machen sollte. Denn glücklich sind sie schon. Es kommt dann so weit, dass bei der Probewahl alle Dorfbewohner:innen die erfundene gelbe Partei wählen, da gelb die Farbe des Königs ist. Der Film ist jedoch nicht gegen Modernisierung und Demokratie, setzt sich allerdings kritisch damit auseinander. So wird auch das Publikum mit eigenen Erwartungen konfrontiert. Als der Lama zu Beginn des Films die oberste Wahlbeauftragte im Radio hört, wo sie verkündet, sie komme nach Ura, schickt er Tashi sofort los, um die Gewehre zu beschaffen. Bis zum Ende des Films wartet das Publikum darauf, dass die Wahlbeauftrage erschossen wird. Dies wird noch durch eine Szene während der Probewahl verstärkt, in welcher der Lama  anscheinend übt mit der Waffe zu zielen. Als Zielobjekt benutzt er dabei  das Zelt, wo die Wahlbeauftragte die Stimmen auszählt. Doch der Film nimmt eine andere Wendung. Der Lama wollte die Waffen, um diese unter einem Stupa, ein religiöses Bauwerk im Buddhismus, zu begraben. Der Lama, ein Symbol für Tradition, will damit den Dorfbewohner:innen klarmachen, dass die Modernisierung nicht aufzuhalten ist, was jedoch nicht bedeutet, dass sie ihre Werte aufgeben müssen. Die Szene nimmt dann noch eine lustige und äusserst relevante Wende, als der amerikanische Waffenhändler praktisch dazu gezwungen wird, die zwei Kalaschnikows ebenfalls in das Loch für die Stupa zu werfen. In einer Szene zuvor hatte der Amerikaner vom Recht auf Waffenbesitz als ein Fundament der US-Demokratie geschwärmt. Der Kommentar zum Waffenwahn in den USA ist eindeutig.

Mit The Monk and The Gun hat das FIFF einen sehr aktuellen und unterhaltsamen Film für den Langfilm-Wettbewerb ausgewählt. Voller Witz, Kritik und wunderschönen Aufnahmen war der Film am FIFF ein klarer Erfolg und definitiv sehenswert. Dies bestätigte auch das FIFF-Publikum, den der Film wurde mit dem diesjährigen Publikumspreis ausgezeichnet. Wer den Film am FIFF verpasst hat, kann ihn ab Mitte April in den Schweizer Kinos sehen.

 

Text Franziska Schwarz

Bild Festival du Film de Fribourg (FIFF)


Titel: The Monk and The Gun

Land: Bhutan

Regie: Pawo Choyning Dorji

Jahr: 2023

Dauer: 107 Minuten

FIFF-Kategorie: Compétition internationale: Longs métrages

Schweizer Premiere

 

 

Trailer