Liberale und Konservative streiten sich wieder im Internet – Grund dafür sind aber nicht die unterschiedlichen politischen Ansichten. Ihre Schminke ist schuld.
Liberale US-amerikanische TikToker:innen machen sich über das Make-up von republikanischen Frauen lustig. Polarisierung auf eine neue Art. Wer sich in gewissen Ecken des Internets aufhält, hat diese Diskussion in den letzten Monaten bestimmt mitbekommen.
Angefangen hat es mit einem Post der Comedienne Suzanne Lambert. Darin erklärt sie satirisch, wie man sich schminken muss, um wie eine republikanische Frau auszusehen. Auf ihre trockene Haut trägt sie matte Foundation auf, die nicht zu ihrem Hautton passt. Ihre Augen umrandet sie mit schwarzem Kajal. Ihre Augenbrauen malt sie dick auf.
Ein Trend ist geboren
Lamberts Beitrag löste eine Welle aus. Zahlreiche Personen sprangen auf den Trend auf und parodierten den Make-up Look. Vor laufender Kamera schminken sie sich wie diese Republikanerinnen – natürlich überspitzt. Ironisch unterlegt sind die Ausschnitte mit dem Country-Song «God Made Girls» der Sängerin RaeLynn. Darin reproduziert diese weibliche Stereotypen: «Somebody’s gotta wear the pretty skirt, somebody’s gotta be the one to flirt».
Titel der Clips sind ironische Umwandlungen der verbreiteten «Get Ready With Me» Videos. Kombiniert mit dem Motto von Trumps Politik «MAGA» («Make America Great Again») machen sie daraus «Get MAGA With Me».
US-amerikanische Liberale, die im politischen System der Schweiz eher links orientiert wären, bleiben aber nicht verschont. Die republikanische Seite von TikTok reagiert ebenfalls mit satirischen Videos. Darin stellen sie dar, wie stereotypische linke Frauen, die nicht dem traditionellen Rollenbild entsprechen, in ihren Augen aussehen: bunte Haare, buntes Make-up, Nasenring und Regenbogen auf dem T-Shirt. Das Ziel: Die liberalen politischen Ansichten, wie die Unterstützung von LGBTQIA+-Rechten, ins Lächerliche zu ziehen.
Beide Seiten verspotten sich gegenseitig. Aber die Grenze zwischen Satire und ernst gemeinten Make-up Tutorials verschwimmt teilweise. Bei manchen Videos ist unklar, ob die Aufmachung ernst gemeint ist oder nicht.
Republikanerinnen um Trump
Das Aussehen vieler Frauen um Trump entspricht dem auf TikTok nachgebildeten Klischee. Ein Beispiel dafür sind First Lady Melania Trump, Karoline Levitt, Pressesprecherin des Weissen Hauses, und Kimberly Guilfoyle, US-Botschafterin in Griechenland. Ein Blick in das Publikum bei Präsident Donald Trumps Amtseinführung gibt ebenfalls Einsicht. Hinter ihm stehen viele Frauen, deren Aussehen in den TikTok-Videos diskutiert wird.
Ihre Looks erinnern an die Make-up Trends der Vergangenheit. Der Style der 2000er scheint durch. Fast, als hätten sich diese Make-up-Looks kaum verändert – ein wenig so wie die konservativen politischen Werte.

Eine Performance für Männer
Der Look dieser republikanischen Frauen verkörpert ein sehr spezifisches Bild davon, wie eine Frau aussehen soll. Es ist eine übertriebene Performance des eigenen Geschlechts. Sie vermitteln das Bild einer idealen konservativen Frau, deren Werte auf einem traditionellen Rollenbild der Frau entsprechen. In diesem sehr binären Bild von Geschlecht richtet sich das weibliche Aussehen nach dem sogenannten «male gaze» – übersetzt «männlicher Blick» oder «männliches Starren». Der Begriff beschreibt die (Selbst-)darstellung von Personen, spezifisch aber Frauen, aus dem Blick eines heterosexuellen Mannes. Das Konzept stammt aus der feministischen Filmtheorie der 1970er-Jahre.
Gemeiner soll Frau sein
Die Motivation hinter Lamberts Video war es aber nicht, auf diesen «male gaze» hinzuweisen. Sie nutzt Humor, um sich gegen die Politik der republikanischen Partei zu wehren. Damit sich auch andere trauen, sich aufzulehnen – so spricht sie in einem Interview mit US-Fernsehsender CBS über ihr virales Video. Auch ihre anderen Beiträge gehen auf dieses Thema ein. «Liberals need to be meaner.» Sie selbst beschreibt sich als «Regina George Liberal» – angelehnt an den Charakter aus dem Kultfilm «Mean Girls». Vor allem kämpft sie so für die reproduktiven Rechte der US-Amerikaner:innen.
