Wie war das nochmals mit dem Sexismus in Studentenverbindungen?
Erstsemestrigentag. Von links beschallt mich Unimix, von rechts Unicam; und das Gebäude verstärkt den Hall von Tausend Stimmen um ein Vielfaches. Etwas erschöpft sitze ich am Stand vom Spectrum – die aktuelle Ausgabe liegt eben in den Boxen, und bereits beginnen die Vorbereitungen für die nächste. Einer unserer aktuellen Headliner: Sexismus in Studentenverbindungen.
Nachdem die Studentenverbindung Zofingia ein sehr grenzwertiges Plakat aufgehängt hat, („Wir schätzen Frauen sehr … [Bild halbnackter Models, die lasziv-dümmlich herumtanzen] … nur nicht donnerstags“) bitten wir sie zum Interview. Das Gespräch ist aufschlussreich, wir erfahren dank Henri Bernard von der Zofingia und Kathrin Steiger von der Leonina eine Menge über das Innenleben von diesen beiden Verbindungen. Zudem können wir eine Entschuldigung der Zofingia abdrucken – Ziel erreicht.
Kurz nach Redaktionsschluss ist die Gleichstellungsbeauftragte der Universität Freiburg aus den Ferien zurück und Marc Micha und ich können ein Interview mit ihr zum Thema führen. Wieder ein informatives Gespräch; wir erfahren, dass die Dienststelle nicht oft mit Studentenverbindungen zu tun hat.
Und nach diesen aufschlussreichen Informationen – sehe ich am Erstsemestrigentag das:
Dieses Bild stellt die Verbindung Rodensteiner vor ihren Stand. Man kann sich nun fragen: Ist das die Antwort dieser Verbindung auf unseren Artikel? Will die Verbindung „ein bisschen frech sein“ und biedere Studierende provozieren? Oder meinen sie das ernst?
Tatsache ist: Das Plakat suggeriert ein enorm reduziertes Bild der Frau als Sexualobjekt. Ein Bierglas im Vordergrund und der Slogan„Welcome to University“ deuten an: Für Rodensteiner besteht das Universitätsleben hauptsächlich aus sexuellen Aktivitäten und Biertrinken. Wer das auch will, der soll der Verbindung beitreten.
Als etwas differenzierter erweist sich der Prospekt der auf dem Verbindungstisch aufliegt. Die Rodensteiner pflegen demnach auch die Geselligkeit und das Fechten, zudem soll neben den Verbindungsaktivitäten genug Zeit fürs Studium bleiben. Ausserdem ein interessanter Satz: „Deine Freundin ist bei unseren Anlässen herzlich willkommen und wird sich im Kreise der anderen Couleurdamen sicherlich wohlfühlen“.
Aus Plakat und Prospekt schliesse ich folgendes: Rodensteiner sehen Frauen hauptsächlich als Sexualobjekt. Oder aber sie akzeptieren Frauen als Freundinnen von Mitgliedern. Hier wird aber die Frau jeglicher Eigenständigkeit beraubt: Ihre Akzeptanz hängt allein von ihrem Freund ab. Ist die Beziehung aus, hat sie auch bei der Verbindung nichts mehr zu suchen.
Ein Kollege fragte am Erstsemestrigentag übrigens ein Mitglied der Verbindung, ob den Rodensteinern bewusst sei, dass ihre Werbung sexistisch sei. Das Mitglied antwortete unverhohlen mit „ja“. Die Tatsache scheint sie also nicht zu stören.
Schade für die Verbindung, die ihren Ruf selbst zerstört. Die Haltung zeugt von einem hoffnungslos konservativen Weltbild, wie man es an einer Universität nicht erwarten würde. Und zementiert Vorurteile über Verbindungen – was schliesslich allen anderen Verbindungen auch schadet. Es zeigt: In Sachen Sexismus gibt es auch an der Universität noch einiges zu tun.
Long story short: Ein (männlicher!) Student war mit dem Plakat am Erstsemestrigentag ebenso wenig einverstanden wie ich. Er informierte die AGEF und Helene Füger, die Gleichstellungsbeauftragte der Uni. Die Rodensteiner mussten daraufhin das Plakat noch am Erstsemestrigentag entfernen. Ich hoffe, dass es in Zukunft unter Verschluss bleibt und nicht mehr in der Öffentlichkeit auftauchen wird.
Von Nadja Sutter