Mitglieder von Studentenverbindungen haben den Ruf, Komasäufer zu sein. Dass dies nicht der Fall sein muss, zeigt ein Besuch bei der Akademischen Verbindung Staufer in Freiburg.

„Hoher Bursch, gestatte mir, dir diese Blume dankeshalber ganz speziell zuzutrinken“, rezitiert der Fux und der Bursche antwortet mit „Dankeshalber genehm, steige mit“. Der Fux beginnt sein Bierglas auszutrinken, bis der Bursche „Satis“ sagt und der Fux das Glas absetzen darf. Schafft es der Fux, das Glas vor dem Kommando auszutrinken, muss der Bursch ihm noch eine Runde spendieren.

Es ist Montagabend in einer gemütlichen Bar in Freiburg, am Stammtisch der Staufer. Am Tisch sitzen: Füxse, so heissen die Neulinge, und die Burschen, das sind die alten Hasen. Die Mitglieder sind Männer und Frauen aus verschiedenen Studiengängen und Semestern. Einige haben die Traditionen der Studentenverbindungen von den Eltern mitbekommen, andere waren in Mittelschulverbindungen oder sind per Zufall dazugestossen. Alle sind sie geblieben – wegen der guten Gesellschaft, wie sie berichten. Das Klischee des Alkoholtrinkens streiten sie nicht ab. Aber sie wenden ein, nicht mehr zu trinken als ein durchschnittlicher Student. „Bier zu mögen sei kein Muss, man kann auf andere Getränke ausweichen“, sagt eine Studentin, die vor ihrer Teetasse sitzt. Das geschehe in seltenen Fällen wie bei einer Gluten-Intoleranz oder wenn man aus gesundheitlichen Gründen nicht trinken darf. Im Statutenbuch steht zudem: „Wer fährt, der trinkt nicht und wer trinkt, der fährt nicht.“

„Es herrsche die Gemütlichkeit“

Wirft man einen Blick in die Statuten einer anderen Verbindung, unterscheidet sich die Einstellung zum Alkoholkonsum zu jener der Staufer. „Es wird weitergetrunken“ ist anderswo zum Beispiel das Motto. Bei den Staufern steht an dieser Stelle: „Es lebe die Gemütlichkeit“. Auch andere Traditionen, wie die blutigen Fechtkämpfe, hat der schweizweite Gesamtverein im Laufe der Zeit abgeschafft. Heute gibt es vor allem gesellschaftliche Regeln (siehe Box), wie etwa ein Handyverbot am Tisch.

Für immer dabei

„Ist man erst einmal Teil einer Studentenverbindung, so gilt das lebenslänglich“, erklärt ein Student. Man könne zwar austreten, das komme aber äusserst selten vor. Die Freunde aus der Studentenverbindung sind auch Teil von wichtigen Ereignissen im Leben: Bei Hochzeiten oder Beerdigungen gibt es beispielsweise Fahnendelegationen, an denen alle Mitglieder teilnehmen. Spezielle Traditionen gibt es auch an Feiertagen wie dem Dies Academicus oder Fronleichnam. Das kommt daher, dass die Ursprünge der Studentenverbindungen im Katholizismus zu finden sind. Heute spielt Religion im Verbindungsalltag eine nebensächliche Rolle. Manche Verbindungen feiern einen Eröffnungsgottesdienst zu Beginn des Semesters, andere orientieren sich an christlichen Werten, aber für viele ist die Religion sowohl in der Verbindung als auch sonst kein Thema.

Fondue essen mit den Altherren

Zu den Werten der Verbindung gehört ebenfalls, die Beziehung zu älteren Mitgliedern zu pflegen. Zum Beispiel am Zentralfest aller Verbindungen oder am intimeren Voyage de Fromage, dem Fonduessen mit den alten und jungen Staufer. Dies ist ein generationsübergreifender Anlass, bei dem Jung und Alt zusammenkommen. „Eine Studentenverbindung ist eine Lebensschule und ein Ausgleich zur ECTS-Punktejagd im Bologna System“, sagt ein Fux. In dieser Gruppe könne man eine Nacht lang diskutieren und ein hilfreiches Netzwerk pflegen.

Also, ist die Verbindung nur zum Saufen da? Nein, für die Staufer ist sie viel mehr: Wer ausserhalb des Vorlesungssaals diskutieren möchte und Studierende aus anderen Studienrichtungen treffen will, könne hier eine Gemeinschaft fürs Leben finden, sind sie überzeugt. „Trinken ist ein Teil davon, aber eine Studentenverbindung beinhaltet weitaus mehr als Bierkonsum.“

 

Hättest du das Zeug zu einem Fux?

  • 20-25 neue Verbindungs-Namen lernen (Racoon, Gourmet, Flix, …)
  • Lieder in Deutsch, Französisch, Lateinisch, Italienisch und Rätoromanisch singen
  • Gehorsam sein, du darfst die Lieder nämlich nicht ohne Erlaubnis singen
  • In den ersten Jahren die Burschen bedienen (dafür kriegt man Bier spendiert)

Fotocredit: zVg