Ausgerechnet ins unscheinbare Düdingen reisen jedes Jahr tausende Musikliebhaberinnen und -liebhaber an die Bad Bonn Kilbi, die für ihr vielfältiges Line-Up bekannt ist. Das diesjährige Fazit? Gründe für einen Besuch des Festivals gibt es viele.

„Today, today, hurray, hurray, I openend a bar!“ So erklingt Sophie Hungers fatale Zauberstimme am Donnerstagabend an der Bad Bonn Kilbi 2019. Mit hochgehaltenem Bier performt sie den Song ihres neusten Albums „Molecules”. Voller Vorfreude und inspiriert prosten wir zurück. Vor zehn Jahren stand die vielseitige Musikerin bereits auf dieser Bühne. Sechs Platten später ist sie wieder da und weiss: „Das ist eines der besten Festivals der Schweiz!“

Sophie Hunger an den Keys bei ihrer Show an der Bad Bonn Kilbi 2019.
© Hansueli Schärer (hansuelischaerer.ch)

„Herzlichen Dank, Duex“

Tatsächlich ist die Kilbi einzigartig. Hier kracht es Trash-Rock neben orientalischen Klarinettenmelodien. Das Nebeneinander verschiedenster Subkulturen macht das Bad Bonn zur Fundgrube neuer Talente – lokaler wie auch internationaler. Ein Konzept mit Erfolg, Tickets sind nur schwer zu ergattern, von überall aus der Welt pilgerten dieses Jahr rund 9000 Musikbegeisterte nach Düdingen.Verantwortlich für die Vielfalt ist seit der Festivalpremiere 1991 der unermüdliche Musikentdecker Daniel Fontana. „Vielen herzlichen Dank, Duex, dass du das erschaffen hast!“, bedankt sich auch Sophie im Namen aller beim Kenner der Indieszene. Bei einem Bier auf dem Festgelände, wo die beiden am darauffolgenden Tag zusammen ein Schwätzchen halten, kann sie sich bei ihm gleich persönlich bedanken. „Ja, dieses Openair ist bekannt dafür, dass man die Künstlerinnen und Künstler direkt im Festivalvolk antrifft“, verrät uns der Freiburger Kulturreporter Louis Riedo.

Ein buntes Publikum

So bunt wie das Line-Up ist auch das Publikum zusammengesetzt. Menschen allen Alters tanzen gemeinsam auf den Trümmern des ehemaligen Kurorts, wobei die ganz kleinen Besucherinnen und Besucher von ihren Eltern dann doch lieber zuhause gelassen werden. Dafür sind, trotz der zeitlichen Überschneidung mit der Prüfungssession, die Freiburger Studierenden gut vertreten. „Ah, ihr seid auch an ein Ticket gekommen!“, begrüsst uns Simeon, eine Küchenschürze umgebunden. Oft haben sie sich als freiwillige Helferinnen und Helfer in der Küche, hinter der Bar oder am Eingang eines der begehrten Tickets ergattert. Selbstverständlich finden sich auch zahlreiche Freiburgerinnen und Freiburger ein. „Es ist ein bisschen wie ein Familientreffen”, verrät uns Laurent, der seit Kindesbeinen jedes Jahr auf den überschaubaren Platz zwischen Erdbeerfeldern und Schiffenensee tritt. Dem Programm vertraut er blind: „Ich bin nicht wegen Sophie hier, aber schön, dass sie da ist.“

Um an der Bad Bonn Kilbi 2019 einen Blick auf Sophie Hunger zu werfen, musste man sich entweder bei ihrer Show von der Seite anschleichen oder einfach auf dem Gelände die Augen offen halten.
© Maud Chablais (maud-chablais.com)

Fantastisch-verrückte Klänge

Andere mögen es exotischer: „Cüneyt Sepetçi, mit diesen virtuosen Melodien, das fand ich grandios“, erzählt uns der Freiburger Christian. „Connan Mockasin war eines meiner Highlights“, weiss Simon aus dem Appenzell zu berichten. Und für Tommy Schweizer waren The Comet Coming „wieder einmal eine Horizonterweiterung. Mit Saxophon, Synthesizer und Drum entstand eine Art Live-DJ-Band, fantastisch!“ Tommy, der Leadsänger und Bassist der Metalband The Burden Remains, eröffnete im Übrigen die diesjährige von Sonne gesegnete Kilbi. „Seit zehn Jahren komme ich jedes Jahr her. Dabei war es immer mein grösster Wunsch, auf dieser Bühne spielen zu dürfen. Dass Duex uns buchte, war eine kleine Krönung für uns.“

Hunger auf mehr

Die Perle der ruhigeren Klänge war bereits am ersten Tag auf der kleinen Club Stage im Bad Bonn selbst zu finden. Um überhaupt einen Blick auf die sechs Musikerinnen und Musiker von Black Sea Dahu erhaschen zu können, mussten sich die zahlreichen Fans eng zusammendrängen, denn die Schweizer Band um Janine Cathrein hatte bereits im Vorfeld international Musikschlagzeilen gemacht. Über zwei Millionen Klicks auf Spotify weist ihr Hit „In Case I Fall for You“ momentan auf, „ein Erfolg, mit dem ich nie gerechnet hätte“, erzählt uns die Zürcher Künstlerin noch vor ihrem Auftritt. Während wir wie verzaubert den mit Groove unterstrichenen Texten lauschen, sehen wir bereits Sophie Hunger, die sich ins Publikum geschlichen hat, um merklich begeistert mit uns das kleine Wunder mitzuerleben, bevor sie vor versammelter Kilbi davon singt, wie sie eine Bar eröffnet hat.

Text: Michael Wiederkehr und Smilla Schär

Bilder: Hansueli Schärer und Maud Chablais