Eine Installation im Berner Generationenhaus regt zum Reflektieren an und will Scheitern enttabuisieren.

 

Die Sonne scheint auf den Innenhof des Berner Generationenhauses. In der Mitte befindet sich ein Brunnen. Davor stehen schon einige Besucher:innen. Wir gesellen uns dazu. Ich bin mit einer Kollegin da. Eine ehrenamtliche Gastgeberin des Generationenhauses begrüsst uns zur Einführung in die Installation «Raum zum Scheitern». Sie stellt uns das Thema vor und erklärt uns den weiteren Ablauf. Wir beginnen damit, die am Wegrand aufgestellten Plakate anzusehen. Die Gastgeberin fordert uns auf, über die Fragen auf den Plakaten nachzudenken.  Ob jemand einen Gedanken teilen möchte? «Heute schon gescheitert?» Einige bejahen die Frage. Andere Besucher:innen erzählen von ihren morgendlichen Plänen, die ins Wasser gefallen sind. Danach führt uns die Gastgeberin in den Keller des Generationenhauses. Wir sollen Bauklötze aus einer Kiste nehmen. Damit werden wir später «Scheitern üben».

Von Geschichten und Türmen

Wir sollen unsere Schuhe ausziehen. Und werden uns selbst überlassen. In den nachfolgenden Räumen erwarten uns grosse violette Kissen. Sie sind umgeben von ebenfalls violetten geometrischen Gebilden auf dem Boden. Dieser ist mit violettem, angenehm weichem Teppich überzogen. Die Farbe strahlt eine wohlige Atmosphäre aus. Das Licht ist gedimmt. Die lebendige Energie des Innenhofs scheint hier weit entfernt zu sein.

Es hängen hellgrüne Kabel von der Decke. An ihren Enden sind kleine Lautsprecher befestigt. Aus ihnen vernehme ich Stimmen. Sie sind von Mitwirkenden, die ihre Erfahrungen mit Scheitern erzählen. Ich setze mich auf eines der Kissen. Unterschiedlicher könnten die Geschichten nicht sein. Eine Frau erzählt von einer peinlichen Situation aus ihrer Kindheit. Eine andere, wie sie an ihren eigenen Erwartungen gescheitert ist.

Nach einiger Zeit gehe ich in den nächsten Raum. Hier kommen die Bauklötze zum Einsatz. Meine Kollegin und ich bauen zusammen einen hohen Turm – bis er zusammenkracht. Auch beim Bauen mit silbernen Kugeln ist ein Sturz vorprogrammiert. Eine Erfahrung des Scheiterns, die Spass macht.

Bauklötze und Kugeln – um Scheitern zu üben.

 

 

Loslassen und Tee trinken

In einem weiteren Raum können wir uns Ordner ansehen. Auf buntem Papier haben andere Besucher:innen ihre Scheitererlebnisse beschrieben. Auch wir können unsere Geschichten dort niederschreiben. Es ist eine Möglichkeit, unangenehme Erlebnisse loszulassen. Die Gastgeberin taucht auf. Sie fragt uns, ob wir einen Tee trinken möchten. Wir setzen uns erneut auf die Kissen und trinken Kräutertee. Dazu erhalten wir einen Glückskeks. In meinem steht: «Nur Mut! Setzen Sie Ihre Pläne in die Tat um.» Das nehme ich mir zu Herzen.

Scheitern ist subjektiv. Das bleibt mir von dem Besuch. Jeder Mensch hat eine eigene, andere Definition dafür. Vergangene Erfahrungen prägen dabei unsere Perspektive. Sie beeinflussen unser Verhalten und unsere Gedanken – ob es nun Erfahrungen des Scheiterns oder des Erfolgs sind. Doch aus dem Scheitern kann man viel lernen. Es liegt an uns selbst, einen positiven Umgang damit zu finden. Ich frage mich, ob ich nicht meistens an meinen eigenen Erwartungen scheitere. Erwartungen, die ich an mich selbst oder auch an meine Mitmenschen habe.

Ein Haus mit Geschichte

Das Berner Generationenhaus befindet sich direkt neben dem Bahnhof Bern. Es ist ein Ort, an dem sich Menschen jeden Alters treffen können. Das ehemalige Burgerspital wurde zuletzt als Altersheim genutzt. Heute findet man darin soziale Institutionen, eine Cafébar und Konferenzräume. Die Installation «Raum zum Scheitern» ist Teil des Fokusthemas «Erfolg. Eine Standortbestimmung». Man kann sie noch bis am 27. April 2024 besuchen. Die Einführung beginnt jede halbe Stunde im Innenhof beim Brunnen. Der Besuch ist kostenfrei. Beim Ausgang kann ein frei wählbarer Betrag gespendet werden.

Im Erdgeschoss kann man sich im Anschluss der Installation Erfolgsgeschichten anhören. Daneben lädt die Cafébar zum Verweilen ein. Bei schönem Wetter eignet sich auch der Innenhof, um sich hinzusetzen. Alles ohne Konsumzwang. Es ist eine angenehme Umgebung, um sich die Eindrücke der Installation durch den Kopf gehen zu lassen.

 

Text und Foto Angelika Scholz