Mitgebracht hat er nur zwei Gitarren, ein Xylophon, einen Looper und ein Weihnachtsbäumchen. „Advents-Solotour“ nennt sich die kleine Konzertreihe, im Rahmen derer Adrian Stern am 21.12.2012 im ONO in Bern aufgetreten ist.
Mit einem Lächeln im Gesicht betritt Adrian Stern Punkt acht Uhr die Bühne. Das Publikum im eng bestuhlten ONO ist gespannt. Versprochen wurden im Programm alte Songs in neuem Gewand und frisch geschriebene Lieder. Zu Konzertbeginn erklingt Altbekanntes von Sterns viertem Album « Herz », mit dem ihm vor zwei Jahren mit der Single Amerika der nationale Durchbruch gelungen ist. Das Publikum klatscht begeistert mit, singt den Refrain im Chor.
Ein Highlight verspricht ein kleines Wunschkonzert. Während der Pause kann das Publikum Musikwünsche auf Zettelchen schreiben, aus denen Stern sich einen aussucht. Er spielt Mani Matters Eskimo. Wer Adrian Stern kennt, weiss, dass er ein grosser Matter-Fan ist. Ob er den Song auswendig kann oder ob auf seinem Notenständer Text und Akkorde liegen, sieht das Publikum allerdings nicht. Stern blättert vor allem bei ganz neuen Songs in seinen Unterlagen. Das Publikum hört unterdessen gebannt zu, insbesondere Liebeslieder scheinen anzukommen. Viel anderes bietet Stern an diesem Abend thematisch nicht. Die fünf neuen Liedtexte behandeln ein Themenspektrum vom ersten Kuss bis zum Heiratsantrag, und auch die alten Songs sind mit Ausnahme von Lieber Lieder aus demselben Bereich.
Stern, aber kein Rockstar
Musikalisch wird trotz kleinem Rahmen für Abwechslung gesorgt: Mit elektrischer und akustischer Gitarre spielt Stern laute Akkorde und leise Melodien. Dabei wird bemerkbar, wo er eigentlich herkommt: Stern hat als Absolvent der Jazzschule Luzern eine erstklassige Musikerausbildung hinter sich, als Gitarrist und Komponist hat er mit verschiedenen Grössen der Schweizer Musiklandschaft zusammengearbeitet (unter anderem Sina und Michael von der Heide). Erst später begann er selber zu singen und wurde mit eigenen Mundartliedern erfolgreich.
So kommen im ONO auch kleine Spielereien mit technischen Hilfsmitteln vor. Mit dem Looper zeichnet er etwa einzelne Melodiestücke auf, um mehrstimmig Gitarre spielen zu können. Geschickt ergänzt er die Gitarrenklänge mit dem Xylophon, pfeift oder ahmt mit der Stimme eine Trompete nach. Bei einem Song erklingt gar ein Schlagzeug ab Band. Eigentlich habe er Rockstar werden wollen, erzählt Adrian Stern mit einem Schmunzeln, nun sei aus ihm halt ein Musiker geworden. Seine Lieder würden von CD zu CD leiser. Das mag stimmen, gleichzeitig werden allerdings Melodien und Musik vielfältiger. Was bleibt, ist der Dialekt. Stern singt in Nummer 1: „Ich sing es Lied em Aargauer Dialäkt, ich hoff es gfallt oi gliich.“
Liebesgeschichten
Sterns letztes Album „Herz“ ist seinem Titel getreu voller Liebeslieder. Wer bei den neuen Songs Ähnliches erwartet, darf sich freuen. Wer textlich auf eine Anknüpfung an das vorhergehende Album « Lieber Lieder » gehofft hat, wird enttäuscht. Feine Gesellschaftskritik, wie sie in Liedern wie Vier oder König vo de Wält geübt wird, fehlt ebenso wie Geschichten über das (nicht Liebes-) Leben. Dies scheint das Publikum allerdings nicht zu stören. Stern wirde gar für eine zweite Zugabe nochmals auf die Bühne geklatscht. Bei dieser folgt noch ein Liebeslied, der vom Publikum meistgewünschte Wham!-Hit Last Christmas. Mit einer eigenen Interpretation des Weihnachts-Dauerbrenners entlässt der gut gelaunte Sänger ein ebensolches Publikum schliesslich in die „weltuntergangslose Nacht“.
Von Melanie Bösiger
Foto: Kathrin Ernst