Den Kontakt zu den Einheimischen suchen. Dies war eines meiner Ziele, als ich nach La Réunion kam. Und wenn du den Einheimischen nicht suchst, dann sucht er bestimmt dich. Ob du willst oder nicht. Rückblende: Es ist Sonntagmittag in La Réunions Hauptstadt Saint-Denis und so heiss, dass man ein Stück Fleisch nur in die Luft halten müsste, um es zu kochen. Nichts wie ab an den Strand. Doch der ist nur per Bus zu erreichen. Wir, eine Gruppe von fünf liebeswürdigen und total unvoreingenommenen Studenten, können gerade noch in letzter Sekunde den abfahrenden Bus erwischen. Der Fahrer ordnet an, wir sollen im Gang stehen bleiben. Er würde dann gleich anhalten und wir könnten die Tickets bei ihm kaufen.

Da sitzt er. Ungefähr in der Busmitte. Breitbeinig, eines davon im Gang. Als würde er die Provokation geradezu suchen. Seine Augen von einer Sonnenbrille verdeckt. Alter: ungefähr 30 bis 35 Jahre alt. Nennen wir ihn Gigu. Jemand von unserer Gruppe will an ihm vorbei, um sich weiter hinten hinzusetzen. Es kommt unweigerlich zu kurzem Körperkontakt. Daraufhin scheint die Bombe im Gigu hochzugehen: Er steht auf und attackiert unseren Kollegen zuerst verbal und dann körperlich. Uns alle beschimpft er als „Zoreilles“ (abwertend für Leute aus Frankreich/Ausländer/Hellhäutige) und herrscht uns an, uns von der Insel zu verpissen. Aus anfänglichen Schubsereien werden schnell heftige Faustschläge. Jegliche Versuche, den drohenden Konflikt verbal abzuwenden, scheitern.

Der Gigu dreht am Riesenrad. Offensichtlich völlig ausser Kontrolle geraten, prügelt er auf unseren Kollegen ein. Dieser versucht sich so gut wie möglich zu wehren. Alles spielt sich verdammt schnell ab, innerhalb von einer Minute. Es geht schliesslich so weit, dass uns der Gigu quasi aus dem Bus bugsiert (oder prügelt?). Wir bleiben bestürzt zurück. Diagnose beim Kollegen: Eine blutende Nase, eine zerbrochene Sonnenbrille und sein Hut ist in der Hitze des Gefechts im Bus verloren gegangen. Nach dem ausgefüllten Beschwerdeformular beim Busbahnhof nehmen wir, immer noch mehr oder weniger schockiert, den nächsten Bus zum Strand. Diesmal ohne einen Gigu. Glück gehabt. Am Strand angekommen, geniessen wir das schöne Wetter, kühlen uns im Wasser ab, trinken ein paar Hopfentee und lauschen am Abend die Musik eines Reggae-Festivals. Der unliebsame Zwischenfall ist vergessen.

 

Weitere, auch positive Erlebnisse, gibts auf meinem persönlichen Blog: https://fabiansblogbuch.wordpress.com/