Das Funiculaire oder „Füni“, wie es liebevoll im Volksmund genannt wird, verbindet nun schon seit mehr als einem Jahrhundert die Unter- und Oberstadt Fribourgs. Doch was hat es eigentlich genau mit dieser Standseilbahn auf sich und woher kommt der doch etwas unangenehme Geruch? Von Markus Steinhauser

Seit zwölf Jahren fährt Erwin Müller fast täglich mit dem Füni. Er arbeitet als Fahrzeugführer für die TPF und ist daher der perfekte Ansprechpartner für meine erste Fahrt mit der als nationales Kulturgut eingetragenen Seilbahn.Jede Fahrt beginnt mit dem Auffüllen des Tanks am oberen Fahrzeug, welcher bis zu 3000 Liter fasst, aber nur bei grosser Anzahl von Passagieren im unteren Wagen ganz gefüllt wird. Durch die Last des Wassers wird der untere Wagen vom herabkommenden langsam aber stetig nach oben gezogen. Da das Füni ein ökologisches Transportmittel ist, handelt es sich dabei allerdings um Abwasser, welches in einem grossen Reservoir unter dem Georges-Python-Platz gesammelt wird. Damit ist das Füni auch das einzige Verkehrsmittel in Europa, das mit gebrauchtem Wasser betrieben wird. Als Fahrgast muss sich die Nase allerdings erst einmal an den Geruch gewöhnen und Beschwerden sind dabei keine Seltenheit. Je nach Wetter und dem, was die Bewohner so in den Abfluss giessen, kann sich ein milder Duft schnell in einen unangenehmen Gestank verwandeln. Ob ihn dies denn nicht störe, frage ich Herrn Müller? „Nein, nicht wirklich“ meint er, fügt aber dann doch noch mit einem Lächeln hinzu, dass der Appetit abends doch nur noch für einen Kaffee reiche.

Nach dem Ertönen der Klingel öffnet er schliesslich die Bremse und wir bewegen uns, begleitet vom Knattern der Zahnstange, gemütlich hinab in Richtung Altstadt. Dabei bestimmt das herunter kommende Fahrzeug die Geschwindigkeit und muss unten nach Augenmass so angehalten werden, dass das Einfüllen oben abermals reibungslos funktioniert. Früher wurde der Tank sogar noch von Hand aufgefüllt, weiss Herr Müller zu berichten. Allerdings kam es dabei auch das ein oder andere Mal zu Problemen, da entweder zu viel oder zu wenig Wasser eingefüllt wurde. Da fühle ich mich mit der mittlerweile automatischen Befüllung dann doch ein wenig wohler. Während der Fahrt hält Erwin Müller ebenfalls noch genau fest, um welche Fahrt es sich handelt und wie viele Passagiere mitfahren. Das sind zwar jetzt im Winter nicht sehr viele, aber spätestens im Sommer gibt es neben zahlreichen Touristen auch etliche Badegänger, die den direkten Weg ins Freibad suchen.

Ursprünglich beförderte das Füni hauptsächlich Arbeiter, die von der Unterstadt hinauf zu den zahlreichen Baustellen sowie Industrie- und Gewerbegebieten in der Oberstadt gelangen mussten. Mittlerweile nutzen viele Bewohner jedoch einfach den Bus und das Füni ist zu einem grossen Teil vom Verkehrsmittel zur Touristenattraktion geworden. Erstaunlicherweise seien es aber nicht die Asiaten oder Amerikaner, welche die grösste Begeisterung bei einer Fahrt mit dem Füni zeigen, sondern Schweizer, verrät Müller. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass der Heimatschutz sehr an der Instandhaltung des Füni interessiert ist, denn sehr profitabel sei der Betrieb mit dem Füni nicht wirklich. Zwei mal pro Woche kommt der Mechaniker, um die Sicherheit zu gewährleisten; so musste das Füni beispielsweise im Frühling des letzten Jahres für einige Zeit geschlossen werden. Bei einem der Wagen wurde in der vorderen Achse ein kleiner Riss entdeckt, und da die entsprechenden Ersatzteile schon lange nicht mehr produziert werden, musste schnell eine Spezialanfertigung her.

Dabei ist das Füni nur eine von ursprünglich drei geplanten Stadtseilbahnen. Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich Paul-Alcide Blancpain für dieses gross angelegte Projekt ein. Als eigentlicher Teilerbe der berühmten Uhrenfabrik Blancpain kam er hierher nach Fribourg, um die Brauerei Cardinal zu gründen. Er beteiligte sich aber auch massgeblich am Ausbau des Verkehrsnetzes und plante neben dem Füni wie wir es kennen noch zwei weitere Seilbahnen für die Verbindung der beiden Stadtteile. Diese wurden allerdings nie verwirklicht. Es besteht also eine Verbindung zwischen dem Füni und der Schweizer Uhrenwelt, wobei das gleichmässige Rattern der Zahnstange während der Fahrt beinahe an ein tickendes Uhrenwerk erinnert.

Ob Herr Müller diese Geräusche überhaupt noch wahrnimmt? Man sollte eigentlich meinen, dass sein Beruf als Fahrzeugfahrer recht monoton und langweilig sein kann. Bei ihm ist davon jedoch nichts zu spüren und er schwärmt von der Arbeit an der frischen Luft. Auch die paar Treppen bis zur Fahrkabine, welche man als Fahrgast nur ein Mal bewältigen muss, besteigt Müller hunderte Male pro Tag und scherzt: „Da machen wir sogar Sport am Arbeitsplatz!“ Als ehemaliger Busfahrer ist er nach viermaligem Herzinfarkt dann vor zwölf Jahren Fahrzeugführer des Füni geworden. Daher hat er auch schon unzählige Passagiere befördert und erzählt, dass die Menschen sich in den letzten Jahren ziemlich verändert hätten. Sie seien vor allem seit der Wirtschaftskrise nervöser, ungeduldiger und allgemein unzufriedener geworden. Aber davon habe ich bei meinen ersten Fahrten mit dem Füni nichts mitbekommen und da ich jetzt genau weiss, wie umweltfreundlich so eine Fahrt doch ist, stört mich auch der Geruch nicht mehr wirklich.