Was geschieht mit der Mensa, wenn alle Studierenden ausgeflogen sind? Leere Töpfe, kalte Herdplatten und zwei Monate Strandferien für die Belegschaft? Bei einem Besuch in der Mensa der Miséricorde hat sich herausgestellt, dass das genaue Gegenteil der Fall ist.
Von Nina Graf
Das Uni-Gebäude scheint leer zu sein. Keine Studierenden vor dem Eingang, keine Dozierenden, die mit ihren Mappen und Unterlagen durch die Gänge gehen. Ein paar vereinzelte Unglückliche, deren Prüfungen noch anstehen, sind hinter den Fensterscheiben zu sehen. Von aussen sieht es aus, als sei auch die Uni steif und starr. Es sind Semesterferien. Das Leben hat sich vom Campus auf die Skipisten, ins Bett bis in die frühen Mittagsstunden oder unter den Zapfhahn verlagert.
Doch als sich die Türen zur Mensa öffnen, ertönen Stimmen und das Klappern von Geschirr.
Ganz gewöhnlicher Tagesbetrieb
In der Kantine herrscht bereits um 9:30 Uhr Hochbetrieb. Und das obwohl die restliche Uni in den Dornröschenschlaf gefallen zu sein scheint. In der Küche wird gerüstet, geschnitten und gehackt. Um 7:00 Uhr beginnt der Tag für die sieben Köche und Köchinnen, er findet sein Ende zwischen 14:00 und 15:00 Uhr. René Jungo, Chef der Mensa Miséricorde, sagt, dass der Tagesablauf der Belegschaft nicht davon abhängig sei, ob Semesterferien sind oder nicht. Dennoch werden die Ferien der Angestellten bevorzugt dann eingezogen, wenn auch die Studierenden Ferien haben.
Total sind 45 Personen für Mensa und Cafeterien der Miséricorde angestellt, darunter befinden sich auch junge Kochlehrlinge.
Die Gästen kommen auch von ausserhalb
Jungo erklärt, was sich unterscheide, seien die Anzahl der Gäste über Mittag, die Menge der Nahrungsmittel und das Angebot der Speisen. Da die Mensa in erster Linie die Mensa der Universität ist, ist ihr Angebot stark an den Jahresplan der Studierenden gebunden. So müssen beispielsweise bei der Organisation Prüfungsphasen mit eingerechnet werden, um die Gästezahl einschätzen zu können. Doch die Erfahrung lehrt. Wird während des Semesters für bis zu 1100 Personen gekocht, so pendelt die Gästezahl in der vorlesungsfreien Zeit um die 300 pro Mittag. Man merke ganz klar, dass die Studierenden nicht da seien, so René Jungo. Die Gäste, welche während der Ferien kommen, seien einerseits immer noch die Angestellten der Universität, doch vermehrt kämen auch externe Personen. Angestellte der umliegenden Firmen und Geschäfte schnappen sich dann die Tablette und stehen in der Mensa Schlange.
Die etwas andere Küche
Während des Semesters ist Jungo durch die Universität dazu verpflichtet, den Studierenden zwei Menus anzubieten. Während des Semesters sei es wichtig, dass die Gerichte allen schmecken. So wird dann meist traditionell gekocht, ohne grosse Experimente in der Pfanne zu veranstalten. In den Semesterferien ist mehr Platz für Kreativität. So wird das traditionelle Mittagsmenu mit einem vegetarischen Gericht und einem Spezial-Menu ergänzt.
Dieses Angebot besteht nur in der vorlesungsfreien Zeit, weil es weniger Gäste gibt und die Preise etwas höher sind, da höhere Produktkosten anfallen. Zudem läuft dem durchschnittlichen Studierenden bei Blutwurst wohl nicht das Wasser im Mund zusammen.
Auch ohne Studierende herrscht reger Betrieb
Um halb zwölf Uhr mittags kommen die ersten Gäste, die Mensa beginnt sich langsam zu füllen. Heute gibt es Fischsuppe im Brot, Käsetoast und Kalbsnieren mit Rösti. Die Küchenmannschaft steht hinter der Schöpftheke und ruft den Gästen zu, sie sollen näherkommen. Es sieht alles aus wie immer, bloss dass alle einen freien Stuhl finden und die Kundschaft wild durchmischt ist. Suppen werden geschöpft, Teller gereicht, Besteck fällt auf den Boden. Im Speisesaal steigt der Geräuschpegel an, die knurrenden Mägen verstummen und über allem liegt dieser typische Mensageruch von verschiedensten Gerichten auf den Tellern, vielen Menschen und dem Freiheitsgeschmack der Mittagspause.