Schönheitswettbewerbe wie die Miss-Schweiz-Wahl haben ihren Zenit erreicht. Zu oberflächlich, veraltet und nur aufs Äusserliche reduzierend – so klingt es häufig, wenn davon geredet wird. Wir haben die Miss-Schweiz-Kandidatin Lauriane Sallin, die in Freiburg studiert, gefragt, wie sie über die Wahl denkt und wieso sie sich entschieden hat, teilzunehmen.
Vinzenz van den Berg
Lauriane, was hat dich dazu bewogen, bei der Miss-Schweiz-Wahl teilzunehmen?
Es ist eine Chance, meine Meinung zu vertreten und mich mit einem Umfeld zu befassen, das ich bisher nicht kannte. Dazu kommt, dass dieses Jahr meine ältere Schwester an Krebs verstorben ist. Durch die Wahl kann ich über diese Krankheit sprechen, vielleicht sogar anderen im Umgang mit Krebs helfen. Die Schweiz hat ein vorbildliches Gesundheitswesen, daran ist nicht zu zweifeln. Jedoch könnte man vermehrt auch die Angehörigen von krebskranken Kindern oder Jugendlichen unterstützen, die von der Krankheit ebenfalls stark betroffen sind.
Welche Vorteile hat es, Miss Schweiz zu sein?
Als Miss Schweiz hat man die Möglichkeit, seine Meinung zu vertreten, und kann direkter an Dingen teilhaben, die in der Schweiz geschehen. Es erlaubt einem, Meinungen und Sachverhalte im Land infrage zu stellen und sich für seine Anliegen einzusetzen. Vor allem wäre es aber eine unglaublich bereichernde persönliche Erfahrung.
Ist die Miss-Schweiz -Wahl noch zeitgemäss oder eher ein Überbleibsel aus oberflächlicheren Zeiten?
Ich glaube nicht, dass die Miss-Schweiz-Wahl ein Überbleibsel aus alten Zeiten ist. Die meisten haben wohl ein erstarrtes Bild von den Wahlen, welches falsch ist. Man hat begonnen, die Wahl als Fernsehshow auszustrahlen und die Kandidatinnen persönlicher vorzustellen – nicht nur auf Fotos und auf dem Laufsteg.
Die Miss Schweiz betreut ausserdem die Stiftung Corelina, die sich um Kinder, die einen Herzfehler haben, kümmert und zugleich deren Eltern unterstützt. Das zeigt, dass die Miss-Schweiz-Wahl nicht mehr nur ein Schönheitswettbewerb ist, bei dem ein Mädchen für Marketingzwecke gecastet wird, sondern dass man den jungen Frauen eine Stimme geben will.
Seit 1990 gab es keine Miss Schweiz aus dem Kanton Freiburg. Du bist hier gross geworden. Wieso sollte es wieder einmal eine Miss aus Freiburg geben?
Im Kanton Freiburg kommen französisch- und deutschsprachige Personen und ihre Kulturen ständig zusammen. Ich denke, dass wir viel an Aufgeschlossenheit dazu gewonnen haben. In einer Zeit, in der über das Lehren einer zweiten Landessprache an Schulen diskutiert wird, kann ich, die aus einem zweisprachigen Kanton kommt, als Beispiel vorangehen. Freiburg hat verschiedene Gesichter und als Miss Schweiz könnte ich diese Vielfalt, in der ich aufgewachsen bin, weitergeben.
Was verbindet dich mit der Stadt und dem Kanton Freiburg?
Meine Familie ist seit vielen Generationen im Kanton Freiburg, genauer in Belfaux, zu Hause und ich habe eine sehr starke Bindung zum Kanton. Jedes Mal, wenn ich von einer Reise nach Freiburg zurückkomme, habe ich dieses unglaublich angenehme Gefühl, dass ich zu mir selbst zurückkehre. Auch wenn die Winter für meinen Geschmack ein wenig zu lang sind, bin ich doch sehr stark mit dieser Region verbunden.
Wie würde sich dein Leben nun verändern, falls du im November die Wahl zur Miss Schweiz gewinnst?
Falls ich die Wahl gewinne, werde ich mein Studium während dem Amtsjahr unterbrechen. Ich würde versuchen, über die Dinge zu sprechen, die mir wirklich am Herzen liegen, auch wenn die Leute mir sagen, es sei utopisch zu denken, man hätte einen Einfluss auf die Dinge. Dass eine Miss Schweiz gewählt wird, ist in meinen Augen ein Beweis dafür, dass man die Stimmen der jungen Schweizer Frauen hören will und dass Schönheit und Femininität nicht länger ausschliesslich auf den Körper reduziert werden. Dies wäre ein erster gewonnener Kampf für meine Überzeugungen.