In der aktuellen Ausgabe von Spectrum haben wir uns intensiv mit dem Thema Sexismus in Studentenverbindungen beschäftigt; anlässlich eines fragwürdigen Plakats der Verbindung Zofingia. Online folgt nun das grosse Interview mit Helene Füger, der Gleichstellungsbeauftragten der Universität Freiburg.
Spectrum: Was macht eine Gleichstellungsbeauftragte den ganzen Tag? Was sind Ihre Aufgaben?
Helene Füger: Die Dienststelle für Gleichstellung (DfG) verfolgt Projekte in verschiedenen Bereichen. Unter anderem engagieren wir uns für Studien- und Anstellungsbedingungen, die für beide Geschlechter fair sind. Dazu gehören zum Beispiel eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Studium bzw. Beruf oder die Gleichstellung in der Nachwuchsförderung, via Mentoring- und Kursprogrammen und Informationsbroschüren. Obwohl Frauen 60% der Masterabschlüsse ausmachen, sind nur 40% der Doktorierenden Frauen. Die Nachwuchsprolematik zeigt sich aber nicht nur beim Doktorat sondern spezifisch auch in der post-doc Phase. Sporadisch verfolge ich Berufungsverfahren in einzelnen Fakultäten, um zu beobachten, wie gut die Chancen von Frauen sind, eine Professur zu erhalten.
In einigen Fächern zeigt sich eine Gleichstellungsproblematik schon auf der Stufe des Studiums. In Fächern wie Physik und vor allem Informatik gibt es noch immer sehr wenig Frauen. Überraschenderweise entscheiden sich auch proportional wenige Studentinnen für ein Wirtschaftsstudium. Im Gegensatz dazu sind Männer massiv untervertreten in Studiengängen wie Heilpädagogik, Psychologie oder Sozialanthropologie. Es ist wichtig, da eine bessere Verteilung anzustreben, sodass keine rein „männlichen“ und „weiblichen“ Fächer existieren. Denn diese Segregation zementiert überholte gesellschaftliche Rollenbilder und ist ein Nährboden für Diskriminierungen.
Kürzlich gab es einen Fall von einem sexistischen Werbeplakat an der Uni Freiburg, über den wir in unserer letzten Ausgabe berichtet haben. Kümmern Sie sich auch um solche Problematiken?
Oft suchen mich Leute auf und beschweren sich, dass mit einigen Plakaten ein problematisches Frauenbild vermittelt wird und fragen, ob dies unterbunden werden kann. Meiner Meinung nach sollten sich die Menschen, die Plakate an der Universität aufhängen, sich an die Richtlinien der schweizerischen Lauterkeitskommission halten. Dies ist ein Kodex, den Werbefachleute erarbeitet haben, und an deren Grundsätze sich Werbung in der Schweiz zu halten hat. Einer dieser Grundsätze lautet: Werbung darf nicht sexistisch sein.
Melden sich in solchen Fällen vor allem Frauen bei Ihnen oder auch Männer?
Interessanterweise sind es tatsächlich auch viele Männer, die sich durch die einseitige Darstellung von Frauen als sexuelle Objekte gestört fühlen. Es betrifft sie in ihrem Selbstbild: Sie wollen sich als aufgeklärte und moderne Männer nicht mit solchen Darstellungen abfinden.
Was passiert, wenn bei der DfG Beschwerde wegen eines sexistischen Plakates eingereicht wird?
Neben der direkten Kommunikation mit den Autorinnen oder Autoren des Plakats, besteht die Möglichkeit einer Mediation. Da versucht die DfG mittels eines Gesprächs zwischen der Urheberschaft des Plakates und der sich belästigt fühlenden Person zu vermitteln. Wird ein Plakat als sexuelle Belästigung wahrgenommen, besteht aber auch die Option, beim Rektorat ein Disziplinarverfahren zu beantragen.
Was passiert bei einem Disziplinarverfahren?
Zunächst muss es vom Rektorat beschlossen werden. Es dient dazu festzustellen, ob gegen die Universitätsordnung verstossen wurde. Dazu gehört sexuelle Belästigung, wie sie in den Richtlinien des Rektorates definiert wird.
Was für ein Verhältnis hat die DfG mit dem Rektorat?
Die DfG ist in der zentralen akademischen Administration angesiedelt. Daneben arbeiten wir mit der Kommission für Gleichstellung zusammen, in welcher Vertreter und Vertreterinnen der Fakultäten, der wissenschaftlichen Mitarbeitenden, der Studierenden sowie des administrativen und technischen Personals Einsitz haben. Dann gehören auch der akademische Direktor und eine Vizerektorin zur Kommisssion. Die Stelle wurde 1996 unter dem Rektorat Steinauer eingesetzt. Es geht darum, den Verfassungsauftrag, der im Universitätsgesetz und dem Leitbild verankert ist, umzusetzen. Natürlich gab es dazumal auch Druck von unten. Ich denke, die DfG wird heute vom Rektorat geschätzt als eine Einheit, die auch zukunftsgerichtet wichtige Arbeit für die Attraktivität der Universität bei allen – Männern und Frauen – leistet.
Werden Vorschläge ihrerseits betreffend Gleichstellungsfragen vom Rektorat aufgenommen?
Ja, die Verbindung zwischen der DfG, der Kommission und dem Rektorat läuft gut. Sonst wäre meine Arbeit ja ziemlich frustrierend!
War die Universität Freiburg schweizweit im Bezug auf Gleichstellung eher ein Nachzügler oder ein Vorreiter?
Weder noch. Die allererste Stelle wurde in Bern geschaffen, die zweite in Genf, und dann folgten weitere ungefähr gleichzeitig an der ETH, der EPFL, der Uni Zürich und in Freiburg; also befinden wir uns etwa im Mittelfeld.
Heute sind wir im Vergleich eine kleine Stelle. Das liegt wohl auch an den Mitteln der Universität. Trotzdem schlägt sich unsere Uni nicht schlecht, gerade auch was den Frauenanteil in Professuren angeht. Momentan sind etwas über 20% aller Professuren mit Frauen besetzt. Wenn man bedenkt, dass dieser Anteil 1996 noch bei 3.6% lag, ist das doch eine relativ gute Zahl.
Wo sehen Sie an der Uni Freiburg noch Verbesserungspotenzial im Hinblick auf Gleichstellung?
Ich denke, dass wir uns vor allem in Bezug auf Anstellungsbedingungen verbessern können. So hat auch das Rektorat im Aktionsplan 2013-2016, der bei der CRUS (Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten, Anm. d. Red.), eingereicht wurde, einen Schwerpunkt bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gesetzt. Man soll sich nicht entscheiden müssen zwischen Kindern und Beruf, die Universität sollte diesbezüglich flexibelere Lösungen anbieten. Da läuft aber schon einiges und unsere Vizerektorin Alexandra Rumo-Jungo, die unter anderem für Personal-Nachwuchsfragen und Gleichstellung im Rektorat zuständig ist, ist hinsichtlich solcher Fragen sehr sensibilisiert.
Inwiefern haben Sie bei der DfG mit Studentenverbindungen zu tun?
Normalerweise eher wenig, was auch eine Frage der Ressourcen ist. Wir haben aber eine Sammlung von als sexistisch zu bezeichnenden Plakaten, die an der Uni aufgehängt wurden – davon stammen einige von Studentenverbindungen. Wir haben uns schon länger gesagt, dass es interessant sein könnte, einmal einen Workshop zum Thema „visuelle Kommunikation“ zu veranstalten.
Was denken Sie über die Tatsache, dass einige Studentenverbindungen keine Frauen in ihren Reihen aufnehmen wollen?
Wie Sie in ihrem Artikel schreiben, haben einige Verbindungen Angst, dass es nicht mehr der gleiche Umgang untereinander sei, wenn Frauen dabei sind. Diesen zum Teil sehr alten Verbindungen geht es wohl vor allem darum, Netzwerke zu verteidigen. In diesem Zusammenhang ist die Frage legitim, ob reine Männerverbindungen dem Gedanken der Gleichberechtigung widersprechen.
Auf der anderen Seite gibt es die Vereinsfreiheit; die Existenz von reinen Männer- oder Frauenvereinen kann und soll nicht verboten werden. Solche Freiheiten sind meiner Meinung nach extrem wichtig; gleichzeitig sollte jedoch immer die Frage gestellt werden, wo gewisse Freiheiten die Rechte und Freiheiten anderer einschränken oder verletzen. Das Aufhängen von sexistischen Plakaten tangiert zum Beispiel das Recht, an seinem Studien- oder Arbeitsort, mit Respekt behandelt zu werden.
Im Allgemeinen finde ich die Durchmischung der Geschlechter gerade in der Schule und in Vereinen eine sehr wichtige Errungenschaft, weil sie eben von der Idee der Gleichheit ausgeht. Wenn sich die Studentenverbindungen in diesem Bereich öffnen, dann werde ich applaudieren!
Sexismus ist ein weites Feld. Was ist das Hauptproblem von Sexismus an der Uni?
Das ist eine schwierige Frage… Insgesamt schätze ich die Lage an der Uni nicht problematischer ein als anderswo. Andererseits muss betont werden, dass hier Leute ausgebildet werden, die in unserer Gesellschaft verantwortungsvolle Positionen einnehmen wollen. Es sollte also schon eine gewisse Sensibilität gegenüber solchen Fragen bestehen.
Die Schwierigkeit auf sexistische Aussagen im Alltag zu reagieren liegt meist in ihrer unauffälligen und zu einem gewissen Grad akzeptablen Form. Oftmals beschliesst man – beziehungsweise meistens „frau“ – einfach „darüber hinweg zu schauen“. Das heisst aber nicht, dass die ausgrenzende und degradierende Botschaft nicht wirkt. Dagegen anzugehen ist nicht einfach, weil man sich exponiert und als „Spassverderberin“ lächerlich gemacht werden kann.
Wichtig ist, dass Frauen UND Männer für das Problem sensibilisiert werden und es thematisieren. Das gilt auch für unsere Dienststelle. Wenn wir zum Beispiel beim Thema Vereinbarkeit ausschliesslich Frauen ansprechen würden, dann wäre das wiederum sexistisch. Einschränkende Rollenzuschreibungen würden damit zementiert und die Gleichstellung von Männern und Frauen verhindert. Unsere Kultur sollte eine offene sein und niemanden stigmatisieren oder stereotypisieren. Insgesamt steht für mich die Förderung eines respektvollen und gleichberechtigten Umganges zwischen allen Menschen im Vordergrund.
Interview von Marc-Micha Hämmerling und Nadja Sutter
Links:
Dienststelle für Gleichstellung Universität Freiburg
Schweizerische Lauterkeitskommission
In der aktuellen Ausgabe von Spectrum haben wir uns intensiv mit dem Thema Sexismus in Studentenverbindungen beschäftigt; anlässlich eines fragwürdigen Plakats der Verbindung Zofingia. Online folgt nun das grosse Interview mit Helene Füger, der Gleichstellungsbeauftragten der Universität Freiburg.
Spectrum: Was macht eine Gleichstellungsbeauftragte den ganzen Tag? Was sind Ihre Aufgaben?
Helene Füger: Die Dienststelle für Gleichstellung (DfG) verfolgt Projekte in verschiedenen Bereichen. Unter anderem engagieren wir uns für Studien- und Anstellungsbedingungen, die für beide Geschlechter fair sind. Dazu gehören zum Beispiel eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Studium bzw. Beruf oder die Gleichstellung in der Nachwuchsförderung, via Mentoring- und Kursprogrammen und Informationsbroschüren. Obwohl Frauen 60% der Masterabschlüsse ausmachen, sind nur 40% der Doktorierenden Frauen. Die Nachwuchsprolematik zeigt sich aber nicht nur beim Doktorat sondern spezifisch auch in der post-doc Phase. Sporadisch verfolge ich Berufungsverfahren in einzelnen Fakultäten, um zu beobachten, wie gut die Chancen von Frauen sind, eine Professur zu erhalten.
In einigen Fächern zeigt sich eine Gleichstellungsproblematik schon auf der Stufe des Studiums. In Fächern wie Physik und vor allem Informatik gibt es noch immer sehr wenig Frauen. Überraschenderweise entscheiden sich auch proportional wenige Studentinnen für ein Wirtschaftsstudium. Im Gegensatz dazu sind Männer massiv untervertreten in Studiengängen wie Heilpädagogik, Psychologie oder Sozialanthropologie. Es ist wichtig, da eine bessere Verteilung anzustreben, sodass keine rein „männlichen“ und „weiblichen“ Fächer existieren. Denn diese Segregation zementiert überholte gesellschaftliche Rollenbilder und ist ein Nährboden für Diskriminierungen.
Kürzlich gab es einen Fall von einem sexistischen Werbeplakat an der Uni Freiburg, über den wir in unserer letzten Ausgabe berichtet haben. Kümmern Sie sich auch um solche Problematiken?
Oft suchen mich Leute auf und beschweren sich, dass mit einigen Plakaten ein problematisches Frauenbild vermittelt wird und fragen, ob dies unterbunden werden kann. Meiner Meinung nach sollten sich die Menschen, die Plakate an der Universität aufhängen, sich an die Richtlinien der schweizerischen Lauterkeitskommission halten. Dies ist ein Kodex, den Werbefachleute erarbeitet haben, und an deren Grundsätze sich Werbung in der Schweiz zu halten hat. Einer dieser Grundsätze lautet: Werbung darf nicht sexistisch sein.
Melden sich in solchen Fällen vor allem Frauen bei Ihnen oder auch Männer?
Interessanterweise sind es tatsächlich auch viele Männer, die sich durch die einseitige Darstellung von Frauen als sexuelle Objekte gestört fühlen. Es betrifft sie in ihrem Selbstbild: Sie wollen sich als aufgeklärte und moderne Männer nicht mit solchen Darstellungen abfinden.
Was passiert, wenn bei der DfG Beschwerde wegen eines sexistischen Plakates eingereicht wird?
Neben der direkten Kommunikation mit den Autorinnen oder Autoren des Plakats, besteht die Möglichkeit einer Mediation. Da versucht die DfG mittels eines Gesprächs zwischen der Urheberschaft des Plakates und der sich belästigt fühlenden Person zu vermitteln. Wird ein Plakat als sexuelle Belästigung wahrgenommen, besteht aber auch die Option, beim Rektorat ein Disziplinarverfahren zu beantragen.
Was passiert bei einem Disziplinarverfahren?
Zunächst muss es vom Rektorat beschlossen werden. Es dient dazu festzustellen, ob gegen die Universitätsordnung verstossen wurde. Dazu gehört sexuelle Belästigung, wie sie in den Richtlinien des Rektorates definiert wird.
Was für ein Verhältnis hat die DfG mit dem Rektorat?
Die DfG ist in der zentralen akademischen Administration angesiedelt. Daneben arbeiten wir mit der Kommission für Gleichstellung zusammen, in welcher Vertreter und Vertreterinnen der Fakultäten, der wissenschaftlichen Mitarbeitenden, der Studierenden sowie des administrativen und technischen Personals Einsitz haben. Dann gehören auch der akademische Direktor und eine Vizerektorin zur Kommisssion. Die Stelle wurde 1996 unter dem Rektorat Steinauer eingesetzt. Es geht darum, den Verfassungsauftrag, der im Universitätsgesetz und dem Leitbild verankert ist, umzusetzen. Natürlich gab es dazumal auch Druck von unten. Ich denke, die DfG wird heute vom Rektorat geschätzt als eine Einheit, die auch zukunftsgerichtet wichtige Arbeit für die Attraktivität der Universität bei allen – Männern und Frauen – leistet.
Werden Vorschläge ihrerseits betreffend Gleichstellungsfragen vom Rektorat aufgenommen?
Ja, die Verbindung zwischen der DfG, der Kommission und dem Rektorat läuft gut. Sonst wäre meine Arbeit ja ziemlich frustrierend!
War die Universität Freiburg schweizweit im Bezug auf Gleichstellung eher ein Nachzügler oder ein Vorreiter?
Weder noch. Die allererste Stelle wurde in Bern geschaffen, die zweite in Genf, und dann folgten weitere ungefähr gleichzeitig an der ETH, der EPFL, der Uni Zürich und in Freiburg; also befinden wir uns etwa im Mittelfeld.
Heute sind wir im Vergleich eine kleine Stelle. Das liegt wohl auch an den Mitteln der Universität. Trotzdem schlägt sich unsere Uni nicht schlecht, gerade auch was den Frauenanteil in Professuren angeht. Momentan sind etwas über 20% aller Professuren mit Frauen besetzt. Wenn man bedenkt, dass dieser Anteil 1996 noch bei 3.6% lag, ist das doch eine relativ gute Zahl.
Wo sehen Sie an der Uni Freiburg noch Verbesserungspotenzial im Hinblick auf Gleichstellung?
Ich denke, dass wir uns vor allem in Bezug auf Anstellungsbedingungen verbessern können. So hat auch das Rektorat im Aktionsplan 2013-2016, der bei der CRUS (Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten, Anm. d. Red.), eingereicht wurde, einen Schwerpunkt bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gesetzt. Man soll sich nicht entscheiden müssen zwischen Kindern und Beruf, die Universität sollte diesbezüglich flexibelere Lösungen anbieten. Da läuft aber schon einiges und unsere Vizerektorin Alexandra Rumo-Jungo, die unter anderem für Personal-Nachwuchsfragen und Gleichstellung im Rektorat zuständig ist, ist hinsichtlich solcher Fragen sehr sensibilisiert.
Inwiefern haben Sie bei der DfG mit Studentenverbindungen zu tun?
Normalerweise eher wenig, was auch eine Frage der Ressourcen ist. Wir haben aber eine Sammlung von als sexistisch zu bezeichnenden Plakaten, die an der Uni aufgehängt wurden – davon stammen einige von Studentenverbindungen. Wir haben uns schon länger gesagt, dass es interessant sein könnte, einmal einen Workshop zum Thema „visuelle Kommunikation“ zu veranstalten.
Was denken Sie über die Tatsache, dass einige Studentenverbindungen keine Frauen in ihren Reihen aufnehmen wollen?
Wie Sie in ihrem Artikel schreiben, haben einige Verbindungen Angst, dass es nicht mehr der gleiche Umgang untereinander sei, wenn Frauen dabei sind. Diesen zum Teil sehr alten Verbindungen geht es wohl vor allem darum, Netzwerke zu verteidigen. In diesem Zusammenhang ist die Frage legitim, ob reine Männerverbindungen dem Gedanken der Gleichberechtigung widersprechen.
Auf der anderen Seite gibt es die Vereinsfreiheit; die Existenz von reinen Männer– oder Frauenvereinen kann und soll nicht verboten werden. Solche Freiheiten sind meiner Meinung nach extrem wichtig; gleichzeitig sollte jedoch immer die Frage gestellt werden, wo gewisse Freiheiten die Rechte und Freiheiten anderer einschränken oder verletzen. Das Aufhängen von sexistischen Plakaten tangiert zum Beispiel das Recht, an seinem Studien- oder Arbeitsort, mit Respekt behandelt zu werden.
Im Allgemeinen finde ich die Durchmischung der Geschlechter gerade in der Schule und in Vereinen eine sehr wichtige Errungenschaft, weil sie eben von der Idee der Gleichheit ausgeht. Wenn sich die Studentenverbindungen in diesem Bereich öffnen, dann werde ich applaudieren!
Sexismus ist ein weites Feld. Was ist das Hauptproblem von Sexismus an der Uni?
Das ist eine schwierige Frage… Insgesamt schätze ich die Lage an der Uni nicht problematischer ein als anderswo. Andererseits muss betont werden, dass hier Leute ausgebildet werden, die in unserer Gesellschaft verantwortungsvolle Positionen einnehmen wollen. Es sollte also schon eine gewisse Sensibilität gegenüber solchen Fragen bestehen.
Die Schwierigkeit auf sexistische Aussagen im Alltag zu reagieren liegt meist in ihrer unauffälligen und zu einem gewissen Grad akzeptablen Form. Oftmals beschliesst man – beziehungsweise meistens „frau“ – einfach „darüber hinweg zu schauen“. Das heisst aber nicht, dass die ausgrenzende und degradierende Botschaft nicht wirkt. Dagegen anzugehen ist nicht einfach, weil man sich exponiert und als „Spassverderberin“ lächerlich gemacht werden kann.
Wichtig ist, dass Frauen UND Männer für das Problem sensibilisiert werden und es thematisieren. Das gilt auch für unsere Dienststelle. Wenn wir zum Beispiel beim Thema Vereinbarkeit ausschliesslich Frauen ansprechen würden, dann wäre das wiederum sexistisch. Einschränkende Rollenzuschreibungen würden damit zementiert und die Gleichstellung von Männern und Frauen verhindert. Unsere Kultur sollte eine offene sein und niemanden stigmatisieren oder stereotypisieren. Insgesamt steht für mich die Förderung eines respektvollen und gleichberechtigten Umganges zwischen allen Menschen im Vordergrund.
Interview von Marc Micha Hämmerling und Nadja Sutter