Banat – noch nie gehört? Ich vor dem Lesen von Die Unschärfe der Welt auch nicht. Aber genau in dieser Region Rumäniens ist die Handlung des Romans angesiedelt. Das Banat, wo Iris Wolff die ersten acht Jahre ihres Lebens verbracht hat, spielt eine zentrale Rolle in ihrem Schreiben. Im Gespräch mit dem Ersten Deutschen Fernsehen sagt die Autorin: «Alle meine Bücher führen mich immer wieder an den Ort meiner Herkunft zurück. Eine gewisse Bildhaftigkeit meiner Sprache ist an diesen Ort gebunden. Ich muss das Banat streifen oder zumindest davon ausgehen oder dahin zurückkommen.»

Iris Wolff erzählt die Geschichte einer deutschen Pfarrersfamilie, die in das Banat umzieht. Obwohl der Roman mit seinen 216 Seiten relativ schmal ist, umfasst er ein ganzes Jahrhundert und erstreckt sich über vier Generationen. Das Buch ist in sieben Kapitel unterteilt und jedes davon versetzt den Leser in eine andere Perspektive. Und genau darin besteht die Unschärfe der Welt: sieben verschiedene Charaktere, sieben verschiedene Leben und sieben verschiedene Blickwinkel.

Der Roman mag nicht besonders lang sein, dennoch wirkt keine Szene gehetzt. Im Gegenteil, Die Unschärfe der Welt ist ein ruhiges und tiefgründiges Buch. Eines, in dem man sich als Leser verliert, weil es einen nicht loslässt. Die Handlung ist durchdacht, genauso wie die Charaktere. Was dieses Buch jedoch besonders macht, ist die künstlerische Art und Weise, wie Iris Wolff mit der deutschen Sprache umgeht. Einige ihrer Sätze sind so schön, dass man sie immer und immer wieder lesen möchte.

Die Unschärfe der Welt empfehle ich jedem, der keinen actiongeladenen Plot braucht, sondern sich an einem poetischen Schreibstil erfreut.

 

Eine kurze Kostprobe:

«Er mochte den Rückweg. Samuels Meinung nach waren Hinwege (ganz gleich wohin) von Vorfreude geprägt, Rückwege von unbestimmter Leere. Oz hingegen fand, man solle immer irgendwohin fahren, nur damit man den Rückweg hatte. Auf dem Rückweg lag das, was man vorgehabt hatte, bereits hinter einem.»

 

Text Caroline Buck

 


Die Unschärfe der Welt

Iris Wolff

2020

216 Seiten