Bei den Wahlen im Oktober dieses Jahres mussten die Grünen die grössten Verluste verzeichnen. Ist grüne Politik in der Schweiz nicht mehr aktuell?

Im Oktober 2019 eroberte eine grüne Welle die Schweizer Politiklandschaft. Die Grünen konnten bei den Wahlen 2019 siebzehn Sitze dazugewinnen und wurden somit zur viertgrössten Partei im Parlament. Jetzt, vier Jahre später, sieht es ganz anders aus. Bei den Wahlen im Oktober waren die Grünen die grossen Verlierer. Doch was bedeutet das für die Zukunft der grünen Politik in der Schweiz?

Dämpfer für die grüne Schweiz

Die Wahlen vom 22. Oktober waren für die Grünen kein freudiges Ereignis. So wie es die Wahlprognosen in den Wochen vor den Wahlen vorausgesagt hatten, verloren die Grünen stark. Laut dem Bundesamt für Statistik verloren die Grünen 3,4 Prozent ihrer Wählerschaft. Auch die andere grüne Partei der Schweiz, die Grünliberalen, mussten Verluste verzeichnen. Zusammen verloren die grünen Parteien zehn Sitze im Nationalrat. Die Euphorie der Wahlen vor vier Jahren war nirgends mehr zu finden.

Hat die grüne Politik in der Schweiz keinen Platz mehr? «Nein», meint Lisa Brühlmann. Sie studiert an der Universität Freiburg Geschichte und kandidierte bei den Wahlen im Oktober zum ersten Mal für ein politisches Amt. Dies war für sie aber nicht eine plötzliche Entscheidung. Sie war schon vorher Mitglied der Jungen Grünen in Schaffhausen und und erwog schon vor einem Jahr eine Kandidatur. Also stellte sich Lisa für die Jungen Grünen zur Wahl für den Nationalrat, ihr Fokus lag jedoch auf dem Ständerat.

 

Lisa Brühlmann

 

Erfolge soll man feiern

Als junge Frau ist es Lisa wichtig, sich politisch zu engagieren. Sie ist der Meinung, dass man etwas an nervenden Zuständen ändern muss, wenn man es kann. Die Lage des Ständerats in Schaffhausen wollte sie nicht mehr so hinnehmen, deshalb kam es zur Kandidatur. «Wir wollten das Feld öffnen», so Lisa über die Motivation für ihre Kandidatur. Als Kandidatin einer Jungpartei hat sich Lisa keine grossen Chancen ausgerechnet Dies, obwohl die Jungen Grünen am Wähleranteil gemessen die stärkste Jungpartei der Schweiz sind.

Es folgten Ergebnisse, welche sich Lisa nicht hätte ausmalen können. Sie lag am Ende der Auszählung nur etwas mehr als 1’000 Stimmen hinter der Kandidatin der FDP. Ein Ergebnis, welches gefeiert wurde. Doch die Freude endete nach der Verkündung der nationalen Ergebnisse. Vor den Wahlen hatten Wahlbarometerumfragen prognostiziert, dass die Grünen verlieren würden. Dies stellte sich auf nationaler Ebene als wahr heraus. Die freudige Stimmung in vielen grünen Parteisitzen in der Schweiz wurde dadurch gedämpft. Auch Lisa erinnert sich, dass die Bekanntgabe der Ergebnisse die Stimmung etwas gesenkt hatte. Jedoch fokussierten sie sich eher auf die kantonalen Ergebnisse. «Wir hatten etwas zu feiern. Dann darf man das auch!», so Lisa über ihre Stimmung am Wahlsonntag.

Sind die Klimakleber:innen schuld?

Was schon vor den Wahlen in den Medien stark als möglicher Grund für Verluste bei den Grünen gehandelt wurde, sind die sogenannten Klimakleber:innen. Diese seien laut Wahlbarometerumfragen vom SRG sogar eines der grössten Ärgernisse für die Schweizer Bevölkerung. Auch Lisa wurde mit dem Thema Klimakleber:innen während dem Wahlkampf konfrontiert. Sie erzählt, dass sie oftmals zu solchen Aktionen befragt und als Mitglied der Jungen Grünenmit Klimakleber:innen gleichgesetzt wurde. In der Gemeinsamkeit, dass sich um junge Leute mit grünen Anliegen handelt, sieht Lisa den Grund für die Gleichsetzung. Zur Theorie, dass die Klimakleber:innen schuld seien, meint Lisa: «Ich glaube, dies beleidigt die Intelligenz der Wähler:innen.» Sie ist überzeugt, dass die Schweizer Bevölkerung zwischen einer politischen Partei und einer Protestorganisation unterscheiden könne.

Der Wahlverlust für die Grünen war ein harter Schlag für die grünen Parteien. Obwohl die kommende Legislatur mit weniger grünen Politker:innen bestritten werden muss, rät Lisa vom Pessimismus ab. «Die Themen werden ernst genommen», meint sie zur Frage, wie es mit Problemen zum Klimaschutz weitergehen wird. Der Klimaschutz hat schliesslich seit 2019 auch seinen Weg in die Programme anderer Parteien gefunden, die vorher nicht mit diesem Thema befasst hatten. Das Bewusstsein für Klimaschutz sei in der Politik und der Bevölkerung da. Die Schweiz könne also in Zukunft wieder an grüner Farbe gewinnen.

 

Text Franziska Schwarz

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Foto Julia Leppin, Junge Grüne