Auf der FIFF-Reise durch alle Kontinente nimmt auch der Film „ A Girl at my Door“ teil. Die südkoreanische Produktion nimmt das Festival Thema „Freiheit“ auf, indem sie häusliche Gewalt und die Unterdrückung Homosexueller thematisiert.

Von Lisa Bieri

Langsam wird es dunkel im Kinosaal. Handys werden in den Flugmodus geschickt, es wird noch einmal die Nase geschnäuzt und letztes Geflüster auf Französisch oder Deutsch ertönt. Dann zieht das Geschehen auf der Leinwand die Aufmerksamkeit auf sich. Eine junge Frau fährt mit dem Auto durch eine grüne Landschaft. Es regnet und schwermütige Musik unterstreicht die Szene. Erst als sie an ihrem Ziel ankommt, fallen die ersten Sätze in einer dem Zuschauer fremden Sprache. Koreanisch. Mit geschlossenen Augen lässt sich nicht einmal die Stimmung der Sprechenden erschliessen, ohne die Untertitel wäre man verloren. Schnell geht jedoch vergessen, dass man die junge Polizistin Young-Nam nur mittels geschriebener Worte versteht. Man taucht in ihre Welt.

Das Internationale Filmfestival Freiburg hat sich dieses Jahr einem grossen Thema verschrieben – der Freiheit. In Sektionen wie „Genrekino: Terra Erotica I“ oder „ Entschlüsselt: Können Sie über alles lachen?“ werden unterschiedliche Facetten dieses Themenbereichs beleuchtet. Im Internationalen Wettbewerb messen sich aktuelle Filme aus der ganzen Welt. In der Kategorie Langfilme kämpfen zwölf Filme aus Asien, Lateinamerika und Osteuropa um die Gunst der Jury. Es sind Filme, die sich durch ihre Innovation und ihre Fähigkeit, das Publikum zu berühren, auszeichnen. Die Zuschauer sehen einen blinden Jungen, der Ping-Pong-Champion werden soll, gefährliche illegale Boxkämpfe oder einen Film, der vollständig in einem Auto gedreht wurde. Es geht um Themen wie zerrüttete Familienverhältnisse, postkolonialen Tourismus und das Verlassen der Heimat.

Die junge Polizistin Young-Nam aus der eingangs beschriebenen Szene ist die Protagonistin des Films „A Girl at My Door“. Es ist der erste Film der südkoreanischen Regisseurin July Jung, die in der Kategorie Langfilme um die Gunst der Jury und des Publikums buhlt. Der Film schneidet gleich zwei heikle Themen an: Häusliche Gewalt an Kindern und Diskriminierung von homosexuellem Polizeipersonal in Südkorea. Will der Film gewinnen, so muss er die internationale Jury überzeugen, die aus der Kanadierin Alanis Obomsawin, der Filmemacherin Alix Delaporte aus Frankreich, dem Niederländer Rolf de Heer und der Schweizerin Ursula Meier besteht.

Im Kinosaal geht das Licht wieder an. Handys werden wieder eingeschalten und die Sitznachbarn beginnen sich leise auf Französisch zu unterhalten. Langsam taucht man wieder auf aus Young-Nams Welt und kommt zurück in die Freiburger Realität. Doch auf dem Weg durch den Regen in den nächsten Film hat man noch immer den fremden Klang des Koreanischen im Ohr, der einem durch die vertrauten Strassen begleitet.